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Börsen-Zeitung: Auf Entzug, Kommentar zur Geldpolitik der EZB von Jürgen Schaaf

Geschrieben am 03-12-2009

Frankfurt (ots) - Die Herz-Lungen-Maschine wird abgestellt, aber
der Patient bleibt auf der Intensivstation. Das ist im Wesentlichen
die Botschaft, die der geldpolitische "Chefarzt" der Eurozone,
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, am gestrigen Donnerstag in sein
ökonomisches Bulletin gepackt hat.

Zwar macht die Europäische Zentralbank jetzt Ernst mit dem
Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik. Sukzessive werden die
mehrmonatigen Refinanzierungskredite mit den Banken der Eurozone
eingestellt. Mitte Dezember wird der dritte sogenannte
Zwölfmonatstender der letzte sein, nach dem 31. März 2010 soll es
keine Sechsmonatstender mehr geben.

Die extrem expansive Ausrichtung der Geldpolitik - daran wollte
Trichet keinen Zweifel aufkommen lassen - soll aber weit bis in das
kommende Jahr hinein beibehalten werden. Das heißt, der Leitzins wird
in den nächsten Monaten unverändert auf dem historisch niedrigen
Niveau von 1% bleiben, auch der noch deutlich darunterliegende
Marktzins Eonia soll nicht nach oben treiben, sodass es auch nicht zu
einer verdeckten Straffung des geldpolitischen Umfeldes kommt. Denn
vorerst werden die Banken weiterhin in den von nun an kurzfristigeren
Refinanzierungsgeschäften mit der Zentralbank so viel Liquidität
erhalten, wie sie brauchen.

Die EZB stellt dem Patienten Euroraum damit eine geteilte
Diagnose. Der Bankensektor zeigt sich derart erholt, dass er nicht
mehr bis zum Sanktnimmerleinstag mit Liquidität zum Nulltarif
versorgt werden muss. Die Gewinne vieler Banken sprudeln wieder, und
in einigen Marktsegmenten blubbert es schon wieder spekulativ. Die
allmähliche Entwöhnung des Finanzsektors von der Droge
"unkonventionelle Geldpolitik" ist geboten.

Zugleich berappelt sich die Realwirtschaft der Eurozone nur sehr
zögerlich, und es sind weit und breit keine Inflationsrisiken in
Sicht. Legt man den Inflationsausblick der europäischen
Notenbankvolkswirte zugrunde, müssten die Währungshüter die
Geldpolitik sogar noch expansiver ausrichten, denn in den kommenden
zwei Jahren wird die Teuerung den Wunschbereich von knapp unter 2%
deutlich unterschreiten.

Das heißt: Auch wenn nun die Entziehungskur für den Finanzsektor
beginnt, die Abkehr von dem niedrigen Zinsniveau steht noch nicht an.
Und das ist auch gut so.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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