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Mittelbayerische Zeitung: Ramsauer will Kampf gegen Staus auf Autobahnen forcieren

Geschrieben am 04-12-2009

Regensburg (ots) - Regensburg. Seit fünf Wochen ist Peter Ramsauer
Bundesminister. Im Interview mit der "Mittelbayerichen Zeitung"
erklärt er, wie künftig Staus vermindert werden sollen, wo investiert
wird und warum die Donau eine Staustufe bekommen soll.

Herr Ramsauer, zwei Mal haben Sie es als CSU-Landesgruppenchef
abgelehnt, ins Bundeskabinett zu gehen. Nun sind Sie seit fünf Wochen
Bundesverkehrsminister. Macht der neue Job überhaupt Spaß?
Peter Ramsauer: Ja, und zwar von Tag zu Tag mehr. Ich habe mich in
der jetzigen Koalition ganz bewusst für das Bundesverkehrs-, Bau- und
Stadtentwicklungsministerium entschieden. Mein Amt bietet gewaltige
Gestaltungsmöglichkeiten. Ich verantworte mit rund zwölf Milliarden
Euro pro Jahr den größten Investitionsetat aller Ministerien. Das ist
eine enorme Verantwortung, aber auch eine enorme Chance. In meinem
Haus werden wichtige Zukunftsfelder bearbeitet: Energieeffizienz am
Bau zum Beispiel oder Elek-tromobilität oder Klimaschutz. Ich möchte,
dass jeder Mensch in Deutschland spürt, dass dieses Ministerium etwas
für ihn tut.

Wollen Sie nun den Aufbau West vorantreiben?
Peter Ramsauer: Einspruch. Ich habe immer von einem Nachholbedarf
gesprochen. Um in den vergangenen 19 Jahren Mittel für den dringend
notwendigen Aufbau Ost bereit zu stellen, mussten Neubauprojekte und
Erhalt von Infrastruktur in den alten Ländern zurück gestellt werden.
Das war auch völlig richtig. Klar ist: Wir werden die
Verkehrsprojekte Deutsche Einheit wie geplant und ohne Abstriche
fertig stellen. Das wird noch einige Jahre dauern. Klar ist aber
auch: Zugleich muss der erhebliche Nachholbedarf, etwa bei
Investitionen und Erhalt der Infrastruktur in den alten Ländern,
massiv angegangen werden. Kein Land kann es sich leisten,
verkehrswirtschaftliche Substanz auf Dauer auf Verschleiß zu fahren.
Im Zuge der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit waren
Investitionsentscheidungen nach der Himmelsrichtung dominant. Jetzt
wird nach Bedarf investiert.

Der Oberbayer Peter Ramsauer wird sich als Minister in erster
Linie um Investitionen im weiß-blauen Freistaat kümmern, befürchten
viele.
Peter Ramsauer: Auf der anderen Seite gab es auch die Hoffnung, dass
ich genau das tun würde. Beides ist falsch. Ich bin Verkehrsminister
für ganz Deutschland.

Wenn Sie auch für Umweltschutz zuständig sind, warum sind Sie dann
gegen ein Tempolimit auf Autobahnen, was den Verkehr flüssiger macht
sowie Abgase und schwere Unfälle verringert?
Peter Ramsauer: Wenn Sie mit einem Spritfresser bei 130 km/h
unterwegs sind, schaden Sie der Umwelt mehr, als wenn Sie mit einem
schadstoffarmen Auto vernünftig auch mal schneller fahren. Ein
generelles Tempolimit wird es mit einem Verkehrsminister Peter
Ramsauer nicht geben. In den Koalitionsverhandlungen gab es darüber
nie eine Diskussion. Vergessen Sie dabei nicht: Rund zwei Drittel der
Autobahnen sind bereits temporär oder dauerhaft in der
Geschwindigkeit beschränkt. Das reicht aus. Und um den CO2-Ausstoß zu
reduzieren, setze ich auf moderne Antriebe die derzeit mit 1,9
Milliarden Euro gefördert werden. Unser Ziel ist ehrgeizig: Bis 2020
sollen eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen fahren.
Der Strom dafür muss aber aus erneuerbaren Energiequellen stammen.

Staus auf deutschen Straßen verursachen volkswirtschaftliche
Kosten von über 100 Milliarden Euro, von Ärger und Stress ganz
abgesehen. Was werden Sie gegen Staus unternehmen?
Peter Ramsauer: Daran ist im Ministerium bereits intensiv gearbeitet
worden. Ich will nun alle Maßnahmen drastisch forcieren. Ich glaube,
wenn wir in den nächsten vier, fünf Jahren Staus so reduzieren, dass
die volkswirtschaftlichen Kosten um 20 bis 25 Milliarden Euro pro
Jahr sinken, wäre schon viel gewonnen. Dazu muss auch schneller
gebaut werden. Wir müssen hier alle Möglichkeiten prüfen, um
schneller zum Ziel zu kommen. Angefangen vom Planungsrecht bis hin
zur Bauausführung. Baustellen, auf denen sich tagelang kein Rad dreht
und die deshalb sinnlos Staus produzieren, sind mir ein Gräuel.
Schnelleres Bauen erhöht zwar erst einmal die Kosten, doch kürzere
Bauzeiten zahlen sich unter dem Strich aus.

Manfred Stolpe hat die Lkw-Maut eingeführt, Wolfgang Tiefensee hat
sie erhöht, werden Sie nun die Pkw-Maut bzw. die Autobahn-Vignette
einführen, wie es in einem CSU-Beschluss heißt?
Peter Ramsauer: Eine Pkw-Maut steht nicht im Koalitionsvertrag,
insofern habe ich sie auch nicht umzusetzen. Etwas anders liegt die
grundsätzliche Frage, wie Verkehrsinfrastruktur künftig langfristig
finanziert werden kann. Eines ist klar: Die Autofahrer dürfen nicht
zusätzlich belastet werden. Ich setze bei der Finanzierung und dem
Unterhalt von Verkehrsinfrastruktur auch auf öffentlich-private
Partnerschaften. Mit solchen Modellen entlasten wir die öffentlichen
Etats.

Hat der Autofahrer Peter Ramsauer eigentlich Punkte in Flensburg?
Peter Ramsauer: Ich habe es noch einmal nachprüfen lassen: null. Aber
unabhängig davon wollen wir das Bundeszentralregister einfacher und
transparenter gestalten. Die Reform des Punktesystems steht im
Koalitionsvertrag. Ich will meinen Experten und den Ländern nicht
vorgreifen. Aber klar ist: Wer immer wieder vorsätzlich rücksichtslos
fährt, muss besonders hart "ran genommen werden". Umgekehrt sollte
sorgfältig geprüft werden, ob man auch Bonuspunkte verteilen könnte.
Für Autofahrer, die viele Jahre beanstandungsfrei unterwegs waren.

Warum sind Sie unbedingt für den milliardenteuren Staustufenausbau
der Donau zwischen Straubing und Vilshofen, der von einer Mehrheit
der Bevölkerung, von Opposition, Umweltschützern und selbst vom
Koalitionspartner FDP abgelehnt wird?
Peter Ramsauer: Die Bedeutung der Wasserstraßen wird in Deutschland
unterschätzt. Wir müssen versuchen, schwere Massengüter von der
Straße auf diese umweltfreundliche Transportmöglichkeit zu verlagern.
Ich will der vertiefenden Untersuchung zum Donauausbau nicht
vorgreifen. Aber vom ökologischen Wasserbau verstehe ich etwas. Von
daher erscheint mir die Variante C 280 die vernünftigste. Jedenfalls,
wenn man die verkehrswirtschaftlichen, aber auch die flussbaulichen
und kostenmäßigen Belange sowie die ökologischen Chancen abwägt.

Originaltext: Mittelbayerische Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62544
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2

Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion Politik/Nachrichten
Telefon: +49 941 / 207 404
nachrichten@mittelbayerische.de


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