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Börsen-Zeitung: Emerging Markets geben Gas, Kommentar von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 04-12-2009

Frankfurt (ots) - Die Turbulenzen um die Verschuldungsprobleme der
staatlichen Dubai World haben zu einer erstaunlichen Marktreaktion
geführt. Obwohl das Emirat zu den Schwellenländern zählt, sind
ausgerechnet die Emerging Markets, die sonst auf solche Ereignisse
sehr empfindlich reagieren, schnell wieder zur Tagesordnung
übergegangen. Nicht nur das: Die Aktienmärkte der aufstrebenden
Volkswirtschaften geben geradezu Vollgas. Ihr Sammelindex MSCI
Emerging Market hat sogar fast die Schwelle von 1000 Zählern und mit
einem Gewinn von rund 5% in der gerade beendeten Woche den höchsten
Stand seit August 2008 erreicht. Seit dem Jahresanfang hat der Index
einen weit überdurchschnittlichen Wertzuwachs von 75% erzielt.

Positive Nachrichten zuhauf

Erstaunlich ist diese Entwicklung jedoch nur auf den ersten Blick
bzw. aufgrund historischer Erfahrungen. Die Schwellenländer strotzen
nur so vor guten Nachrichten. Das gilt im Übrigen gerade für die den
Golf unmittelbar umgebenden Regionen. Gleich in der Nachbarschaft ist
mit dem Libanon ein nicht unbedingt als sehr stabil zu bezeichnender
Emittent zu finden, der in der abgelaufenen Woche ohne viel
Federlesens 500 Mill. Dollar an den internationalen Kapitalmärkten
aufnehmen konnte, die Hälfte davon sogar in der langen Laufzeit von
15 Jahren. Indien legte Bruttoinlandsproduktzahlen vor, die mit einem
annualisierten Wachstum im dritten Quartal von 7,9% die Erwartungen
bei Weitem übertrafen. Die Bonitätsnote der Türkei wurde von Fitch um
gleich zwei Stufen auf "BB+" angehoben. Damit fehlt dem Land, das vor
nicht allzu langer Zeit noch als eines der großen Problemkinder der
Emerging Markets galt, nur noch ein Schritt zum
Investment-Grade-Bereich.

Von einer Kursrakete zu sprechen, ist im Zusammenhang mit den
Schwellenländern sicherlich nicht übertrieben. Nicht nur Aktien, auch
die Währungen und die Anleihen der aufstrebenden Nationen ziehen
derzeit kräftig an. Getrieben werden sie durch massive Zuflüsse von
Investoren aus den Industrienationen, die sich in das überlegene
Wachstum und die erwarteten höheren Anlageerträge der Schwellenländer
einkaufen. Sie können sich dafür billig im Dollar verschulden und
sich dabei auch noch relativ sicher fühlen, weil die US-Notenbank
deutlich signalisiert hat, dass der Leitzins noch eine ganze Weile in
der Nähe von 0% verharren wird.
Zusätzlich angefacht wird die Begeisterung durch sehr optimistische
Prognosen von Anlagestrategen. So glaubt Goldman Sachs, dass
asiatische Aktienmärkte im nächsten Jahr Anlageerträge von bis zu 50%
abwerfen werden. Morgan Stanley traut den Schwellenländer-Aktien
insgesamt 20% zu.

Bemerkenswerterweise hält sich die Begeisterung für die Hausse in
den Emerging Markets selber eher in Grenzen. Vielmehr wird die
spekulative Flut, die sich über die Schwellenländer ergießt, dort als
Risiko angesehen. Die globale Geldflut treibt Aktien, Währungen,
Anleihen und Immobilienpreise auf Höhen, die einen heftigen
Rückschlag befürchten lassen.

Während Goldman Sachs für Indien einen Anstieg des Hauptindex im
nächsten Jahr um weitere 24% prognostiziert, äußerten indische Asset
Manager am Freitag auf einer Konferenz in Mumbai Bedenken. Der
bevorstehende Entzug der Liquidität aus dem System drohe zu einer
Korrektur am indischen Aktienmarkt zu führen. Die Wirtschaftspolitik
werde im nächsten Jahr tonnenweise Fehler begehen. Entweder werden
die Ankurbelungsmaßnahmen zu früh oder zu spät beendet. Durch die
starken Kurssteigerungen des laufenden Jahres sei das kurzfristige
Aufwärtspotenzial für indische Aktien nun begrenzt.

Drohende Korrektur

Dass die Schwellenländer im Vergleich zu den Industrieländern
deutlich stärker wachsen und dies voraussichtlich auch in den
nächsten Jahren tun werden, ist unbestritten. Der Höhenflug ihrer
Märkte hat jedoch damit zunächst wenig zu tun. Er ist weitgehend auf
die immensen Zuflüsse zurückzuführen, gegen die
Schwellenländer-Regierungen nun sogar mit
Kapitalverkehrs-Beschränkungen vorgehen. Falls sich die Stimmung in
den Industrienationen eintrübt, werden massive Kapitalabzüge zu einer
empfindlichen Korrektur an den Schwellenländern führen und auf ihre
langfristig überlegenen Wachstumsaussichten keine Rücksicht nehmen.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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