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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Bildungsgipfel

Geschrieben am 16-12-2009

Bielefeld (ots) - Mehr Geld für die Bildung: Das ist gut und
richtig. Bund und Länder sind dafür zu loben, dass sie trotz maroder
Staatsfinanzen weitere Milliardensummen aufbringen wollen. Die
Ergebnisse des zweiten Bildungsgipfels gehen aber über wohlfeile
Absichtserklärungen nicht hinaus. Zu sehr belastete der ungelöste
Steuerstreit das Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin.
Dabei besteht ja grundsätzlich Einigkeit: Deutschland braucht mehr
denn je kluge Köpfe, die sich im globalen Wettbewerb mit pfiffigen
Ideen hervortun. Einfache Arbeitsplätze für Un- und Angelernte wird
es hierzulande immer seltener geben, weil sie im internationalen
Vergleich zu teuer sind. Bildung ist der Schlüssel, der in auch in
Zukunft Wohlstand erschließt.
Doch die Bildungsminister springen längst nicht mehr so weit, wie sie
es noch im vergangenen Jahr versprochen hatten. Von jährlich bis zu
60 Milliarden Euro mehr war beim ersten Bildungsgipfel die Rede.
Jetzt sind es nur noch 13 Milliarden - deren Finanzierung ungelöst
bleibt. Außerdem dürfen auf diese Summe Kosten angerechnet werden,
die mit Bildung wenig zu tun haben: Pensionsausgaben für Lehrer und
Professoren, ja sogar die Kita-Gebühren, die von den Eltern gezahlt
werden. »Das sind Taschenspielertricks«, erboste sich der sächsische
Kultusminister Roland Wöller (CDU).
Mit Geld allein ist es ohnehin nicht getan. Der zweite Bildungsgipfel
offenbarte abermals den Geburtsfehler des deutschen Bildungswesens:
16 Ministerpräsidenten, die das Sagen haben, und eine
Bundeskanzlerin, die Geld geben darf, sich ansonsten aber
heraushalten soll. So kommt es, dass Deutschland ein Schulsystem hat,
das an Aberwitz weltweit seinesgleichen sucht.
Beispiel Grundschulzeit: Die dauert in Berlin künftig grundsätzlich
sechs Jahre, anschließend folgt die »integrative Sekundarschule«. Es
sei denn, ein Kind will ein humanistisches Gymnasium besuchen. Dann
bleibt es bei vier Jahren Grundschule. Hamburg verlängert die
Grundschulzeit gerade auf sechs Jahre, während Bremen zur
vierjährigen Grundschule zurückkehrt. Die Liste solcher sich im
Kreise drehenden Reformen ließe sich beliebig verlängern.
Ebenso verworren erscheint das Hochschulsystem. Auch hier kann jedes
Bundesland eigene Vorgaben machen oder - wie in Nordrhein-Westfalen -
die Hochschulfreiheit ausrufen und damit der Zersplitterung der
Studiengänge weiteren Vorschub leisten. Die Proteste gegen die
verkorkste Bachelor-Reform zeigen zwar Wirkung, doch außer
Reparaturen im Detail führen auch sie zu nichts.
Deutschland braucht eine Bildungsreform, die ihren Namen verdient.
Ein Bildungssystem aus einem Guss, das sich an pädagogischen
Maßstäben und nicht am Weltbild der wechselnden Landesregierungen
ausrichtet. Eine Reform, die mit der chronischen Reformitis Schluss
macht.
Eine solche Reform aber ist weit und breit nicht in Sicht. Die
Bildungsrepublik Deutschland bleibt eine Utopie.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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