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Freie Presse (Chemnitz): Korrekturmeldung "Freie Presse" - Interview Dirk Niebel (FDP) Kursänderung in der Entwicklungshilfe Dirk Niebel (FDP) will armen Ländern Hilfe zur Selbsthilfe geben

Geschrieben am 22-12-2009

Chemnitz (ots) - Die "Freie Presse" Chemnitz bittet, die 19.52 Uhr
herausgegebene Nachricht durch diese aktuelle Nachricht zu ersetzen.
In der ersten Fassung wurde eine missverständliche Formulierung
verwendet.

Faire Handelsbeziehungen mit Entwicklungsländern sollen künftig
ein Grundpfeiler der Entwicklungshilfe-Politik der Bundesrepublik
sein. Dies sagte der Minister Dirk Niebel (FDP) der in Chemnitz
erscheinenden "Freien Presse". Ein anderer Schwerpunkt soll die
Stärkung der Zivilgesellschaften sein, also die Unterstützung von
Organisationen wie politische Stiftungen und Kirchen. "Unsere Hilfe
wird künftig weniger über internationale Organisationen sondern über
bilaterale Projekte gesteuert. Mir schwebt dabei ein Verhältnis von
zwei Drittel bilateral, ein Drittel multilateral vor", so Niebel im
"Freie Presse"-Interview. Entscheidend sei letztendlich, die armen
Länder so zu helfen, dass sich die Entwicklungsländer selber helfen
können.

Interview im Wortlaut

Kursänderung in der Entwicklungshilfe

Dirk Niebel (FDP) will armen Länder so helfen, dass sein
Ministerium überflüssig wird - "Faire Handelsbeziehungen sind
Grundpfeiler"

Berlin. Er übernahm ein Ministerium, dessen Sinn er selbst infrage
gestellt hatte. Doch Dirk Niebel, bisheriger Generalsekretär der FDP,
hat die Häme der ersten Wochen abgeschüttelt und fachlich erstaunlich
schnell Boden unter die Füße bekommen. Über die Kursänderung nach der
langjährigen Amtsvorgängerin Heidemarie Wiecorek-Zeul sprach Hubert
Kemper mit dem neuen Minister.

Freie Presse: Wie fühlen Sie sich an der Spitze eines
Ministeriums, das Sie eigentlich auflösen wollten?
Dirk Niebel: Die Aufgabe bereitet mir Freude. Ich merke, dass man
viel bewegen und auch über Bande spielen kann. Zur Klarstellung: Die
Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit habe ich nie infrage
gestellt, wohl aber deren bisherige Abstimmung mit den anderen
Ressorts.
Freie Presse: Sie hätten sich die öffentliche Häme nach Ihrem
Amtsantritt ersparen können, wenn Sie die Berufung zum Minister
abgelehnt hätten.
Niebel: Ich stehe an der Spitze eines Ministeriums, das noch aus den
Zeiten eines Walter Scheel liberale Wurzeln und dank meiner
langjährigen Zusammenarbeit mit Guido Westerwelle aber auch mit
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle beste Chancen hat, Synergien zu
schaffen.
Freie Presse: Als verlängerter Arm Ihres Außenministers?
Niebel: Nein, als eigenständiger Minister, der aber den Nutzen eines
engen Schulterschlusses im Sinn der Sache zu schätzen weiß - so wie
kürzlich beim Besuch von Regierungschefs aus Südseestaaten, die vom
Klimawandel und damit steigendem Meeresspiegel bedroht sind. Da
konnte ich lernen und gleichzeitig helfen.
Freie Presse: Bisher haben Sie den Eindruck vermittelt, dass Sie die
wirtschaftlichen Interessen des Geberlandes Deutschland vor die
Hilfsbedürftigkeit der Nehmerländer stellen.
Niebel: Dass ich keine Wirtschaftsphobie habe, ist sicher ein
Unterscheidungsmerkmal zu meiner Amtsvorgängerin. Denn warum sollten
Entwicklungsprojekte nicht deutschen Firmen zugutekommen, die gerade
in Umwelttechniken eine hohe Kompetenz haben? Im Übrigen habe ich
ebenso wenig eine Bundeswehr-Phobie wie eine Israel-Phobie.
Freie Presse: Sie meinen, die SPD-Altlinke Wieczorek-Zeul habe um
diese Länder einen Bogen gemacht?
Niebel: Dort, wo unsere Soldaten Verantwortung tragen, müssen die
Menschen auch eine Friedensdividende erkennen. Schon aus humanitären
Gründen habe ich mich dafür eingesetzt, dass wir 52 Millionen Euro
für mehrere Projekte wie technische Schulen in Nord-Afghanistan
einsetzen. Und zu Israel: Dieses Land hat die weltweit führende
Bewässerungstechnik. Deswegen werden wir künftig mit unseren
Kontakten und israelischer Technik Dreiecksprojekte in Afrika und
Asien anschieben.
Freie Presse: Mit der Kritik an der Entwicklungshilfe für China haben
Sie Wahlkampf für die FDP gemacht. Haben Sie die Zahlungen gestoppt?
Niebel: China ist ein Wirtschaftsriese mit einem solch großen
Potenzial, das es seine Probleme selbst lösen kann. Die klassische,
armutsorientierte Entwicklungshilfe wird auslaufen. Der
Rechtsstaatsdialog wird aber selbstverständlich fortgeführt. Das
macht Sinn für beide Seiten - erst recht, wenn wir zu mehr
Übereinstimmungen kommen, vom Urheberrecht bis zu den
Menschenrechten.
Freie Presse: Ihre erste Reise führt Sie im Januar nach Ruanda,
Ostkongo und Mosambik. Bleibt es wie bisher beim Almosen-Verteilen?
Niebel: Wenn trotz Milliarden-Hilfen in vielen Jahren Afrika immer
noch als verlorener Kontinent gilt, dann liegt das zum einen an
schlechter Regierungsführung in vielen Ländern. Oftmals pflegen die
Eliten ihre Pfründe. Ebenso stark leidet Afrika unter unfairen
Handelsbeziehungen wie Schutzzöllen und westlicher
Subventionspolitik. Dadurch verlieren die Entwicklungsländer mehr als
ihnen durch Entwicklungszusammenarbeit zufließt.
Freie Presse: Wie wollen Sie umsteuern?
Niebel: Faire Handelsbeziehungen sind ein Grundpfeiler. Ein anderer
ist die Stärkung der Zivilgesellschaften, damit also die
Unterstützungen von Organisationen wie politische Stiftungen und
Kirchen. Unsere Hilfe wird künftig weniger über internationale
Organisationen sondern über bilaterale Projekte gesteuert. Mir
schwebt ein Verhältnis von zwei Drittel bilateral, ein Drittel
multilateral vor.
Freie Presse: Die Nöte Afrikas bedrohen mit den Migrationswellen auch
den Süden Europas. Kann Entwicklungshilfe dem begegnen?
Niebel: Eine Ursache der Migration ist der Klimawandel. Deswegen
müssen unsere Entwicklungsprojekte auch weiterhin besonders
klimafreundlich ausgerichtet sein. Auch da sehe ich wieder eine enge
Verknüpfung mit unserer Export orientierten Wirtschaft.
Freie Presse: Sie reden mehr von Wirtschaft als von Hilfe.
Niebel: Das Ministerium heißt ja auch wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung. Hilfe in der Not ist wichtig. Entscheidend ist aber,
die armen Länder so zu entwickeln, dass ich mich und mein Ministerium
überflüssig mache und nur noch der Wirtschaftsminister zuständig ist.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Lindner
Stellvertretender Chefredakteur

Tel.: +49 371 65610460
Fax: +49 371 65617044
Mobil: +49 160 90525451
Email: Udo.Lindner@freiepresse.de

Freie Presse
Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG
Handelsregister: Chemnitz HRA 5019
Komplementär: Verlag "Freie Presse" GmbH · Chemnitz HRB 14661
GF: Johannes Schulze
Brückenstraße 15 · 09111 Chemnitz
Internet: www.freiepresse.de

Originaltext: Freie Presse (Chemnitz)
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Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_46027.rss2

Pressekontakt:
Freie Presse (Chemnitz)
Torsten Kleditzsch
Telefon: +49 371 656-10400
torsten.kleditzsch@freiepresse.de


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