WAZ: Hoffnungs-Gemeinschaft - Weshalb gerade heute die Kirchen voll sind - Leitartikel von Ulrich Reitz
Geschrieben am 23-12-2009 |
Essen (ots) - Wenn heute und morgen wieder die Kirchen voll sind, dann vermutlich nicht mit lauter Menschen, die die Menschwerdung Gottes feiern. Überzeugte Christen werden sich darüber freuen, selbst wenn sie ahnen, das auch überzeugte Nicht-Christen nur an diesem Tag das christliche Ritual bereichernd oder sogar erfüllend finden.
Es gibt gute, wenngleich sehr weltliche Gründe, heute in die Kirche zu gehen. Lange war es draußen dunkel, nun wird es wieder heller. Ein Anlass zur Hoffnung, wie die Geburt Jesu. Gerade in den vergangenen 20 Jahren ist uns mehr oder weniger abhanden gekommen, was Gemeinschaft stiftet. Sozialforscher finden viele Belege für diese Individualisierung des Lebens, die prinzipiell, als möglich gewordene Selbstverwirklichung, auch ihr Gutes, Fortschrittliches hat, wenn auch Schattenseiten. Heiligabend sind die Kneipen voll von einsamen Menschen.
Kirche stiftet ein starkes Gemeinschaftserlebnis. Das liegt an der Liturgie, auch wenn sie altmodisch anmutet. Positiv gewendet: Liturgie heißt, auf die Kirche ist Verlass. Dieser von dicken Mauern geschützte Raum liefert in der Heiligen Messe, was gerade zu diesem besonderen Tag, pardon, bestellt wurde, nämlich, sich im doppelten Sinn aufgehoben zu fühlen; zugleich beschützt und als Teil einer sympathischen Hoffnungs-Gemeinschaft. Wenn Christentum die Botschaft verkündet, das Leben werde schon irgendwie weitergehen, dann liegt darin ein großer Trost. Er wirkt umso mehr, je schlechter die Nachrichten sind. Und an denen herrschte gerade im ausklingenden Jahr nur wenig Mangel.
Es ist ein sehr menschlicher Widerspruch, eine Messe zu besuchen, ohne sich der Kirche verpflichtet zu fühlen. Es lässt sich aber auch die christliche Autorität des katholischen Papstes anerkennen, ohne seinen sexualmoralischen oder bioethischen Empfehlungen zu folgen. Menschen, die zu Hundert Prozent in ihrem Leben dem Wort Gottes oder dem seiner Verkünder folgen wollen, nennen wir Fundamentalisten. Christlicher Fundamentalismus ist, der Aufklärung sei Dank, mindestens in Europa eine Minderheiten-Ansicht. Die Lehre aus der alles andere als gewaltfrei verlaufenen Geschichte des Christentums lautet, dass niemand, der Fundamentalismus überwinden will, auf seinen Glauben verzichten muss; dies aber darf. Was wäre es für ein zivilisatorischer Fortschritt, wenn diese Botschaft in jeder mit mehr oder weniger gläubigen Menschen gefüllten Kirche gepredigt werden dürfte, ganz gleich, wo sie steht.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-6528 zentralredaktion@waz.de
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