(Registrieren)

Berliner Morgenpost: Bilanz der Nuller-Jahre (Leitartikel)

Geschrieben am 30-12-2009

Berlin (ots) - Nun haben wir das auch gleich hinter uns.
Null-sieben, null-acht, null-neun. Dieses merkwürdige Jahrzehnt,
dessen einzelne Jahre nur wie ein Strichcode zu benennen waren und
von denen man jetzt liest, das seien die "Nuller" gewesen.
Entsprechend sei es dann auch zugegangen.
Krisen, Krisen, noch mal Krisen, eine bedrohlicher als die andere.
Die Weltfinanzen zerrüttet, die Weltkulturen zerstritten, das
Weltklima zerstört, die Weltpolitik hilflos. Nicht mal
Fußballweltmeister sind wir geworden in diesen zehn Jahren, nicht
einmal das.
Wer sie liest, die Bilanzen des Jahrzehnts, über die Angriffe auf New
York und die Sozialkassen, die Kriege im Irak und in Afghanistan, die
Erderwärmung, das Nachlassen der Fließgeschwindigkeit des Golfstroms,
die der Finanzkrise unvermeidlich folgende Hyperinflation oder das
ebenso zwangsläufige Grau der Deflation. Oh Gott. "A Decade From
Hell", titelt das "Time Magazine". Wenn man das alles liest und dann
noch den eigenen Kontoauszug: Wo soll das nur hinführen?
Ganz sicher in die Zehner-Jahre. Zehn, elf, zwölf, das hört sich doch
schon besser an. 13 überspringen wir vielleicht einfach. Vierzehn,
fünfzehn, sechzehn, die Zeit vergeht ja wie im Flug. Und vielleicht,
so im Jahr achtzehn oder neunzehn, da blicken wir dann schon ein
wenig milder zurück auf diese Nullerjahre.
Dann erinnern wir uns möglicherweise ganz gern an eine Zeit, in der
sich vieles zum Positiven gewendet hat. An Jahre, in denen der Euro
eine nicht für möglich gehaltene Erfolgsstory schrieb und Europa,
dieses immer so zerstrittene Europa, ganz schön eng zusammenrückte.
An Jahre, in denen erstmals in der Geschichte eine Frau
Bundeskanzlerin und ein Schwarzer US-Präsident werden konnten. An
eine Zeit, in der sich die Fronten des Kalten Kriegs endgültig
auflösten, Verbohrtheit an vielen Stellen neuer Offenheit wich, das
Internet die Welt zusammenwachsen ließ und die ungerechte Verteilung
des Wissens ein wenig nivellierte. Eine Zeit, in der die
Digitalisierung des Lebens mehr Chancen brachte als Gefahren, die
natürlich auch. Aber am Ende dieser Nullerjahre, so wird man dann
vielleicht resümieren, war die Welt doch eine etwas bessere geworden.
Das wäre - wir Deutschen dürfen das gerne vergleichen mit vergangenen
Jahrzehnten - nicht so wenig. Und es wäre allemal mehr, als die Alten
von damals "der Jugend von heute" zugetraut hatten. Die haben es
nämlich besser gemacht als ihre Vorväter, die sind nicht aufeinander
losgegangen, jedenfalls nicht in diesem unversöhnlich, hasserfüllten
Maß, das es auch schon gegeben hat in Deutschland. Die haben das Land
gerechter werden lassen, die haben Grenzen geöffnet, nicht nur
Mauern. Hürden überwunden, dann auch wieder neue Gräben aufgerissen,
klar. Aber unterm Strich haben die Menschen, die in den "Nullern"
Verantwortung getragen haben, Maßstäbe gesetzt, Fortschritt erreicht.
Man darf auch über sie schimpfen, sie waren nicht perfekt. Aber man
sollte, heute Abend vielleicht, auch mal auf sie anstoßen. Prost
sagen, gut gemacht! Und danke.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

244531

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Terror und US-Geheimdiensten Halle (ots) - Selbstverständlich haben die Vereinigten Staaten auf die Anschläge in New York und Washington reagiert, die sie ins Mark trafen. Weltpolitik ist seitdem eine andere. Aber der Teufel steckt im Detail. George W. Bush hat nach 2001 die umfassendste Reform der Geheimdienste in der Geschichte seines Landes eingeleitet. Denn auch damals wurden Versäumnisse deutlich - nicht zuletzt in der Zusammenarbeit der verschiedenen Sicherheitsbehörden. Kooperation und Koordination waren die Leitbegriffe. Doch daran hapert es offenbar weiter. mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Ein letzter Blick zurück = Von Friedrich Roeingh Düsseldorf (ots) - An negativen Schlagzeilen hat es dem ersten Jahrzehnt des jungen Jahrhunderts wahrlich nicht gemangelt. Die einschneidendsten waren die Terroranschläge vom 11. September 2001, die unsere Illusion von einer friedlicheren Welt nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation jäh zerstört haben, und die Finanzmarktkrisen am Anfang und am Ende der Nuller Jahre. Während die sogenannte Dotcom-Krise "nur" unfassbare Summen an Anlagewerten vernichtete, hat der zweite Crash weltweit auch die Realwirtschaft mit in den Abgrund gezogen. mehr...

  • Ostthüringer Zeitung: Kommentar Ostthüringer Zeitung Gera Gera (ots) - Ostthüringer Zeitung Gera zu Schweinegrippe/Impfstoff: Sie hat gut verhandelt - die Pharma-Industrie. Der Preis steht fest, die Abnahmemenge auch, selbst das finanzielle Risiko bei Impfschäden trägt die öffentliche Hand. Am 29. September wurde der Schweinegrippe-Impfstoff durch die EU-Kommission zugelassen. Leider noch nicht von US-amerikanischen Behörden. Denen sind die Wirkverstärker, im Fachjargon Adjuvanzien genannt, irgendwie suspekt. Leider, weil Adjuvanzien die Herstellerkosten sehr positiv beeinflussen. Ein europäischer mehr...

  • NRZ: Kommentar zum Jahreswechsel Essen (ots) - Man muss kein Hellseher sein und auch die Neujahrsansprachen nicht gesehen haben, um zu wissen, dass es wieder ein schwieriges Jahr wird. Noch ist die Finanzkrise nicht überwunden. Ihre Auswirkungen werden jetzt erst richtig spürbar. Arbeitsplätze sind weiterhin in Gefahr. Übrigens auch die der Bundesregierung. Merkel & Co. erhalten jetzt die Quittung für ihre Spendierhosen-Politik: 100 Milliarden Miese beträgt der staatliche Dispo-Kredit. Dennoch werden Steuersenkungen angekündigt, als hätte die FDP noch ein Füllhorn im mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Diskussion um Nackt-Scanner an Flughäfen Bielefeld (ots) - Nach dem im letzten Moment vereitelten Terroranschlag mehren sich die Stimmen, die für die Einführung eines Nackt-Scanners sind. Natürlich nur, wenn dabei die Intimsphäre der Kontrollierten gewahrt bleibt und deren Gesundheit nicht gefährdet wird. Beides ist mit den derzeit auf dem Markt befindlichen Geräten kaum zu erreichen. Die Diskussion über den Einsatz der neuen Technik ist verfrüht und daher unsinnig. Und selbst wenn es diese Geräte irgendwann geben sollte - eine 100-prozentige Sicherheit werden sie nicht bieten. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht