Westdeutsche Zeitung: Sicherheit im Flugverkehr = Von Wolfgang Radau
Geschrieben am 01-01-2010 |
Düsseldorf (ots) - Die Würde des Menschen ist unantastbar. Heißt es im Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Artikel 2 garantiert das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit. Und schon haben wir den Konflikt. Wie lassen sich harmlose Flugzeugpassagiere vor todbringenden Attentaten schützen, wenn der Einsatz von inzwischen technisch ausgereiften Körperscannern mit dem unzutreffenden Bild verteufelt wird, der Passagier werde bis in die intimsten Winkel seines Körpers öffentlich nackt gemacht? Der durch glückliche Umstände misslungene Bombenanschlag auf den Northwest-Airbus über Detroit war ein heilsamer Schock. Vieles, was nach dem 11. September 2001 zur Sicherheit im Flugverkehr eingeführt worden war, ist zur Routine erstarrt, vieles ist nicht zu Ende gedacht worden. Wie kann es passieren, dass ein Terrorverdächtiger im CIA-Computer abgespeichert ist, aber trotzdem ungehindert an Bord gelangt? Wer kann erklären, warum die angebrochene Tube Zahnpasta bei der Kontrolle vernichtet wird, ein paar Meter weiter im Duty-Free-Shop aber alles verkauft wird, was man zum Bau eines Explosivkörpers braucht? Reflexartig kommen auch jetzt wieder Forderungen nach schärferen Gesetzen und mehr Polizei. Was aber sollen die an zusätzlicher Sicherheit bringen, wenn die am nächsten liegenden Gedanken nicht gedacht werden? Wenn Passagiere ihre komplette Urlaubsausstattung im Bordcase in der Kabine verstauen? Wenn es keine allgemein gültigen Standards gibt für die Kontrolle beispielsweise von Schuhwerk oder Hosengürteln? Oder wenn beim Einsteigen nicht mal die Bordkarte mit dem Ausweis des Passagiers verglichen wird? Hektischer Aktionismus ist in Sachen Sicherheit nicht hilfreich. Es ist schon viel gewonnen, wenn alle Vorschriften und Prozeduren bei der Flugabfertigung mit Verstand umgesetzt werden. Wir werden uns daran gewöhnen, dass die Flugreise noch längere Vorlauf-Zeit erfordert als bisher, und dass alles, was nicht in einer Jackentasche Platz findet, demnächst am Gepäckband abgeholt werden muss. Das dauert, aber es dient unserem Schutz. Und wir werden uns daran gewöhnen, dass - analog zum Koffer - auch der Körper lückenlos durchleuchtet wird. Der Körper eines jeden Reisenden, der vor, hinter und neben uns Platz nimmt.
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