Berliner Morgenpost: Merkel muss das Hickhack beenden (Leitartikel)
Geschrieben am 06-01-2010 |
Berlin (ots) - Die Besetzung des Kuratoriums der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung ist zu einer erstrangigen politischen Frage eskaliert. Daher führt das Angebot der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, auf einen Sitz in diesem Gremium zu verzichten, dafür im Gegenzug mehr Vertreter ihres Verbandes in diesen Kreis einziehen zu lassen und das weitere Handeln der Stiftung zu entpolitisieren, nicht weiter. Die Politisierung von "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" entstand durch das unbesonnene Vorgehen aller Seiten. Zunächst gaben die polnische Presse und Regierung den Ton vor. Sie brandmarkten Frau Steinbach als Revanchistin oder gar als Nazi. Selbst der frühere polnische Außenminister und Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Wladyslaw Bartoszewski, der die deutsch-polnischen Aussöhnung befürwortet, lehnt Frau Steinbach vehement ab. Ihr "Vergehen" in polnischen Augen: Die Parlamentarierin hatte im Bundestag einst gegen die Festlegung der Oder-Neiße-Linie als deutsch-polnische Grenze gestimmt. Die Infragestellung der Grenze weckt bei vielen Polen alte Ängste vor deutschen Revisionsforderungen. Einst strebte der Bund der Vertriebenen tatsächlich die Wiederherstellung der Reichsgrenzen von 1937 an. Doch diese Zeiten sind vorbei. Das sollten die Polen als Mitglieder der EU und der Nato einsehen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle wiederum machte sich bei seinem ersten Besuch in Warschau zum Anwalt der polnischen Ablehnung von Frau Steinbach als Kuratoriumsmitglied. Diese unnötig festgelegte Position kann der Vorsitzende der Liberalen kaum räumen, ohne Prestige einzubüßen. Die Polen fühlen sich durch Westerwelles Aussage ermutigt, auf ihrer starren Haltung zu beharren. Auf der anderen Seite des Koalitionsspektrums steht die CSU, seit Jahrzehnten Mentor der Vertriebenen. Im Gegenzug unterstützen die Vertriebenen die CSU. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Partei Horst Seehofers den Vertriebenen beisteht. Um die verfahrene Situation zu entschärfen, wurde in der CDU Druck auf das Parteimitglied Steinbach ausgeübt, auf den Sitz im Kuratorium zu verzichten. Auf diese Weise hoffte man, die Beziehung zu Warschau in Takt zu halten. Nach langem Zögern hat Steinbach vermeintlich der Pression stattgegeben. Doch ihr Kompromissvorschlag führt nicht weiter. Die Vertreter der Vertriebenen würden sich veranlasst sehen, die Haltung ihrer Präsidentin aufzunehmen. Die Polen wiederum werden dagegenhalten. Eine Fortsetzung des Streits zwischen Berlin und Warschau wäre programmiert. So kann es nicht weitergehen. Der gordische Knoten im deutsch-polnischen Verhältnis, der um die Stiftung geschnürt wurde, muss durchgehauen werden. Die politische Frage muss gelöst werden. Die Richtlinien der Politik bestimmt die Kanzlerin. Angela Merkel ist aufgerufen, das unwürdige Hickhack zu beenden und die deutsch-polnischen Beziehungen vor einer Verschlechterung zu bewahren.
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