Lausitzer Rundschau: Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart
Geschrieben am 06-01-2010 |
Cottbus (ots) - Eine "geistig-moralische Wende" versprach einst Altkanzler Helmut Kohl. Guido Westerwelle beansprucht für sich die "geistig-politische Wende". Fragt man den FDP-Vorsitzenden nach dem Gehalt dieses Projektes, so spricht er von einer Politik für die Mittelschicht, wahlweise auch "die Mitte" genannt. Gemeint ist deren steuerliche Entlastung. Das Wort Moral kommt in dieser Definition nicht vor. Zu Recht nicht. Denn neben der Linken ist die FDP die einzige Partei, die erklärtermaßen die Interessen einzelner Gruppen vertritt. Dort die Hartz-IV-Empfänger, hier die Menschen mit mittlerem Einkommen. Auch die mit gutem Einkommen darf man hinzufügen, denn die begünstigt die von den Liberalen angepeilte Steuerreform noch ein wenig mehr. Ähnlich wirkt übrigens auch die geplante Kopfpauschale in der Krankenversicherung. Das ist eine Umverteilungspolitik von unten nach oben. Einen Vorgeschmack darauf geben viele Städte und Gemeinden, die schon jetzt bei zurückgehenden Steuereinnahmen Kita-Gebühren und Hundesteuern erhöhen müssen. Neben der Linken ist die FDP die einzige Partei, die sich um die Nachhaltigkeit ihrer Politik wenig schert. Kommt das Geld dort aus Reichen-Steuern oder höherer Verschuldung, so muss bei den Liberalen das Prinzip Hoffnung herhalten. Steuerentlastungen sollen Wachstum stimulieren und so zu höheren Steuereinnahmen führen. Wenn das nicht funktioniert, und es wird nicht funktionieren, dann wird bei den Ausgaben gekürzt werden - unten, darf man vermuten. Die FDP ist, wie die Linke, eine Ein-Punkt-Partei geworden, die gar nicht erst beansprucht, die Gesellschaft insgesamt zusammenzuhalten. Die Vehemenz, mit der Westerwelle diese Strategie aus Oppositionszeiten auch als Vizekanzler verteidigt, zeigt, dass er sie für ein langfristiges Erfolgsrezept hält. Und das könnte sogar stimmen. Vielleicht sind die Wahlerfolge der Liberalen und der Linken ja tatsächlich ein Hinweis darauf, dass das Ego in der Gesellschaft neuerdings groß und das Verantwortungsgefühl für das Ganze klein geschrieben wird. Freilich, noch ist das nicht bewiesen. Noch mag man die Volksparteien nicht aus ihrer Pflicht entlassen, Überzeugungsarbeit für ihre Linie des sozialen Ausgleichs zu leisten. Jede in ihrem Revier. Die SPD muss als Oppositionspartei neues Vertrauen aufbauen. Und die Union wird als führende Regierungspartei noch in diesem Jahr gefragt sein, sich der Unvernunft und der Entsolidarisierung zu widersetzen. Zum Beispiel bei einer Steuerreform auf Pump und einer Gesundheitsreform zulasten der Schwächeren.
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