WAZ: Nicht mit der Linkspartei regieren - Gabriels Empfehlungen für die NRW-SPD - Leitartikel von Ulrich Reitz
Geschrieben am 23-01-2010 |
Essen (ots) - Mangelnden Mut kann man Sigmar Gabriel ganz gewiss nicht vorwerfen. Seine Wegweisungen zur Linkspartei sind klar und deutlich und längst überfällig. "Ich glaube nicht, dass wir auch nur den Eindruck vermitteln sollten, wir wollten mit denen gemeinsam regieren." Genau diesen Eindruck vermittelt aber die nordrhein-westfälische SPD. Denn die Landesvorsitzende Hannelore Kraft betont zwar die mangelnde Regierungsfähigkeit der Linken, hält sich und dem Landesverband aber die Koalitions-Option offen. Gabriel bricht mit einem innerparteilichen Tabu, nämlich der Fiktion, die Landesverbände der Partei wären völlig frei in der Wahl ihrer möglichen Koalitionspartner. Wenn, wie in Berlin, ein Landesverband nicht größer ist als eine Stadt, mag das noch angehen. Wenn es aber wie in Nordrhein-Westfalen um den mit Abstand größten Verband geht, kann das nicht mehr gelten. Käme es in NRW zu Rot-Rot-Grün, würde das die gesamte SPD verändern. Ihr käme die Mitte abhanden. Und das soll den Bundes-Chef nichts angehen? Gabriel nimmt sich also ein Recht, das ihm zusteht. Und erntet sofort Widerspruch aus dem Landesverband. Die Linkspartei müsse sich bis zum 9. Mai entscheiden, ob sie in Nordrhein-Westfalen regierungswillig und regierungsfähig sei, ließ sich der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe der SPD, Schäfer, von der Nachrichtenagentur ddp zitieren. Das allerdings offenbart eine bemerkenswerte Einstellung. Wie weit will Schäfer die SPD an die Linkspartei ausliefern? Wie ist es um das Selbstbewusstsein und den Stolz der ältesten deutschen Partei bestellt, die sich abhängig macht von einer außerordentlich heterogenen Gruppierung, deren großer Teil sich empört von der SPD abgewendet hat? Man kann den Streit innerhalb der SPD verstehen. Solche Auseinandersetzungen gab es auch schon in anderen Parteien. Beispielsweise in der CSU, die in Bayern zwar unter Druck geraten ist, aber immer noch die Rolle als einzige Volkspartei spielen kann. Die Christsozialen hatten es vor Jahren auf einmal mit den Republikanern zu tun, einer Gruppierung, die für die CSU auf der Rechten war, was die Linkspartei für die SPD auf der Linken ist. Und in ihrem Vorsitzenden Schönhuber hatte sie jene populäre Führungsfigur, die Lafontaine auf der Linken darstellt. Die CSU geriet innerparteilich unter gewaltigen Druck, mit den Republikanern gemeinsame Sache zu machen. Ihr Chef Stoiber aber zog den damals riskanteren Weg vor: Er schloss jegliche Zusammenarbeit mit der angebräunten Truppe aus. Die CSU war danach stärker als zuvor. Ein schönes Beispiel dafür, weshalb Ausgrenzung nicht immer der falsche Weg sein muss.
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