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stern-Interview: Lafontaine lehnt Ehrenvorsitz der Linken ab - Aussprache-Angebot an Gerhard Schröder - Scheidender Parteichef spricht erstmals offen über Krankheit und Tod

Geschrieben am 27-01-2010

Hamburg (ots) - Oskar Lafontaine will nach seinem Ausscheiden aus
der Führung der Linkspartei nicht deren Ehrenvorsitzender werden.
"Das wäre zuviel der Ehre für mich", sagte er in einem Interview in
der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Hamburger Magazins
stern. Als größte Schwäche der Linken bezeichnete es Lafontaine,
"dass sie im Westen noch nicht stabil genug ist". Hier sei noch
Aufbauarbeit zu leisten.

Der scheidende Gründungsvorsitzende wandte sich jedoch gegen
Befürchtungen, dass die Linkspartei an seinem Abschied zerbrechen
könnte. "Es gab in der SPD solche Diskussionen nach Willy Brandt und
bei den Grünen nach Joschka Fischer. Es ist keine Koketterie, wenn
ich sage: Für die Linke sehe ich das auch nicht so dramatisch." Die
Grünen stünden ohne Fischer heute besser da als zuvor. Als
Fraktionschef der Linken im saarländischen Landtag wolle er sich
zudem weiter in die Bundespolitik einmischen, sagte Lafontaine.

Skeptisch äußerte er sich im stern zu einer möglichen Fusion
zwischen SPD und Linkspartei. Er werde sie "wohl kaum" noch erleben.
"Wenn die Programme beider Parteien sich wirklich einmal hinreichend
angenähert haben, müssen die dann Verantwortlichen klären, ob es
sinnvoll ist, zwei Parteien mit dem gleichen Programm zu haben",
sagte Lafontaine und fügte hinzu: "Aber mehr und mehr komme ich zu
der Überzeugung, dass in den westlichen Industriegesellschaften eine
Partei links von der Sozialdemokratie notwendig ist." Mit dem
ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, wegen dem er die SPD
verlassen hatte, sei er zu einer Aussprache bereit. "Die Zeit der
Verletzung liegt lange zurück", sagte Lafontaine dem stern. "Aber es
gibt Regeln im Leben: Der Jüngere grüßt den Älteren." Als ihm
Schröders Gattin Doris Schröder-Köpf vor seiner
Prostatakrebs-Operation öffentlich Genesungswünsche übermittelt habe,
habe er ihr "zurück geschrieben und gedankt".

Erstmals sprach Lafontaine in dem stern-Gespräch offen über seine
Krankheiten und Todesgedanken. Er bestätigte, dass ihm die Prostata
entfernt wurde und sein alltägliches Leben dadurch beeinträchtigt
ist. Das halte sich jedoch im Rahmen. "Ich kann ohne Probleme noch
Reden halten oder Sitzungen durchstehen", sagte er dem Magazin. Nun
müsse "in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, ob da etwas
geblieben ist oder nicht". Das werde zum ersten Mal im Februar
geschehen. Anfang 2009 habe er außerdem "Probleme mit dem Herzen"
gehabt und seit September leide er an einer Virus-Infektion der
Atemwege, die er bis jetzt nicht in den Griff bekommen habe.

Seit dem Attentat 1990, bei dem ihm eine geistig verwirrte Frau in
den Hals gestochen hatte, habe er gedacht: "Wenn mich mal eine
Krebserkrankung erwischt, dann höre ich auf." Das Attentat habe seine
Lebenseinstellung verändert, sagte Lafontaine. "Die Grenzerfahrung
des Todes ist eine existenzielle Erfahrung, man wird sie nicht los."
Auf die Frage, ob ihn die Vorstellung an den Tod schrecke, antwortete
der 66-Jährige: "Da wir nicht wissen, was nach dem Tod ist, halte ich
die Antwort des Sokrates für richtig: Es gibt keinen Grund, vor dem
Tod Angst zu haben." Wichtig sei, "dass der Tod schnell kommt und
schmerzfrei ist". Jetzt aber wolle er "gesund werden und leben".

Originaltext: Gruner+Jahr, stern
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6329
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6329.rss2

Pressekontakt:
Hans-Ulrich Jörges
stern-Chefredaktion
Telefon: 030-20224-0

Diese Vorabmeldung ist mit Quellenangabe zur Veröffentlichung frei.


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