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Börsen-Zeitung: Noch ein monetärer Impuls, Kommentar zu den Finanzmärkten von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 12-02-2010

Frankfurt (ots) - Endlich beruhigende Nachrichten für die
Finanzmärkte. Griechenland wird in den kommenden Wochen nicht an die
Wand fahren, denn die Europäische Union (EU) hat zugesichert, dem
Land unter die Arme zu greifen, bevor es zum Äußersten, dem
Staatsbankrott, kommt. Damit bleibt auch der befürchtete Flächenbrand
aus, der die übrigen Peripheriestaaten - Irland, Portugal und Spanien
- zu erfassen drohte, was letztlich das Aus für die Europäische
Währungsunion (EWU) und Tumulte an den Weltfinanzmärkten hätte
bedeuten können. Echte Begeisterung ist an den Märkten indes nicht
aufgekommen. Die Erholung der Aktienmärkte und des Euro sowie der
Rückgang der Anleihen-Risikoaufschläge der Peripheriestaaten sind
vielmehr sehr schnell zum Stillstand gekommen, weil noch keine
konkreten Einzelheiten über Hilfsmaßnahmen bekannt gegeben wurden.

Geduldsspiel

Bis zu einer nachhaltigen Erholung wird den Marktteilnehmern noch
einige Geduld abgefordert. Aus mehreren Gründen wird das
Staatsrisikothema nicht so schnell von der Agenda verschwinden. So
darf die EU Griechenland nicht jetzt schon konkrete Zusagen machen.
Denn bereits die ersten und bei weitem noch nicht ausreichenden
Sanierungsansätze stoßen in Teilen der Bevölkerung auf heftige
Proteste. Hilfsmaßnahmen bereits jetzt konkret anzukündigen, würde
die Sanierungsbemühungen nur unterminieren. Auch die Bemühungen, die
notwendigen, umfassenden Reformen durchzuführen, wären von Anfang an
belastet. Warum Einschnitte und grundlegende Veränderungen hinnehmen,
wenn das Problem doch per Scheck aus Brüssel behoben wird? Das
Griechenland-Problem würde sich letztlich sogar verschlimmern. Zudem
würden auch andere finanziell unsolide Peripheriestaaten nicht zur
Fiskaldisziplin erzogen.

Kurzum: Erst muss sichergestellt werden, dass Griechenland den
richtigen Weg einschlägt und auch die übrigen EWU-Wackelkandidaten
ihre Hausaufgaben machen, so wie das mittel- und osteuropäische
Staaten, die vor rund einem Jahr nur knapp am Bankrott
vorbeigeschrammt sind, mittlerweile tun. Polen, seinerzeit allerdings
auch kein Pleitekandidat, hat sich sogar das ehrgeizige Ziel gesetzt,
bis zum Jahr 2012 das Haushaltsdefizit auf 3% des
Bruttoinlandsprodukts zu reduzieren, womit es eines der Kriterien für
den EWU-Beitritt erfüllen würde.

Geduld brauchen die Anleger aber auch, weil Griechenland nicht die
einzige Baustelle ist. Als weiteres Problem könnten die
Marktteilnehmer China ausmachen. In dem Land droht eine Überhitzung,
die die Notenbank des Landes jetzt erneut dazu veranlasst hat, die
Mindestreservesätze anzuheben, um das überbordende Kreditwachstum zu
bremsen. Das schürt erneut die Befürchtungen, dass die Weltwirtschaft
einen schweren Rückschlag erleiden könnte, wenn Regierungen und
Notenbanken weltweit ihre außergewöhnlichen Stützungs- und
Ankurbelungsmaßnahmen zurückfahren.

Dennoch könnten Risiko-Assets relativ schnell wieder steigen. Die
"Griechenland-Bombe" ist fürs Erste entschärft. Auch ist die negative
Reaktion auf die Anhebung der chinesischen Mindestreserve bis zu
einem gewissen Grad schizophren. Schließlich bedeutet sie, dass die
Konjunktur im Reich der Mitte auf vollen Touren läuft. Damit wird das
Land weiterhin z.B. die Auftragsbücher deutscher Maschinenbauer
füllen. Negativ fixiert ist auch die Diskussion über den
Euro-Wechselkurs. Seine Schwäche wird vor dem Hintergrund der
Finanznöte Griechenlands und anderer Staaten fast ausschließlich
unter Krisengesichtspunkten beleuchtet. Wäre er seit Jahresbeginn -
wie vielfach erwartet - weitermarschiert und auf 1,60 Dollar oder
noch höher gestiegen, gäbe es unzählige Klagen über die Belastung der
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Mit anderen Worten:
Durch den Fall der Gemeinschaftswährung erhält der Euroraum einen
neuen monetären Impuls, eine Art Konjunkturprogramm.

Nicht zuletzt hat die Griechenland-Krise zur Folge, dass die erste
Anhebung des Euro-Leitzinses in noch weitere Ferne rückt. Eine
Erhöhung würde die Anleihekurse drücken und damit den Banken
erhebliche Wertverluste bescheren. Gerade in Europa käme dies
ungelegen, droht vielen Instituten doch bereits das starke Engagement
in den Peripherieländern Probleme zu machen.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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