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Lausitzer Rundschau: Der FDP-Chef ersetzt seriöse Politik durch Plattitüden Westerwelles Weisheiten

Geschrieben am 16-02-2010

Cottbus (ots) - Irgendwann wird sich ein deutscher Politiker als
großer Vordenker profilieren, indem er erklärt, die Erde sei eine
Kugel. Höchstwahrscheinlich wird dieser Politiker der FDP angehören,
jener Partei also, deren Vorsitzender derzeit mit einer ähnlich
überraschenden Erkenntnis auf sich aufmerksam macht. Guido
Westerwelle wirft seinen Gegnern vor, sie kritisierten deshalb die
Form seines jüngsten Ausflugs in die Sozialpolitik, weil sie vor
einer inhaltlichen Auseinandersetzung zurückschreckten. Und
tatsächlich gibt es inzwischen auch einige in der Union, die
vorsichtig zu bedenken geben, in der Sache habe der FDP-Chef ja
irgendwie Recht. Nun denn, was also ist die bahnbrechende Erkenntnis,
die Westerwelle zufolge einen "völligen Neuanfang" des Sozialstaats
erfordert und die Basis jener "geistig-politischen Wende" bilden
soll, von der der Oberliberale so gerne spricht? Es ist die
Forderung, dass "derjenige, der arbeitet, mehr haben muss als
derjenige, der nicht arbeitet" - einherkommend mit dem trotzigen
Zusatz, das werde man doch wohl in Deutschland noch sagen dürfen.
Klar darf man das. Mehr noch: Es gibt schlechterdings niemanden, der
etwas anderes sagt. Vor diesem Hintergrund hat der Ruf nach einer
Generaldebatte zu dieser Frage im Deutschen Bundestag schon etwas
Surreales.
Westerwelles Weisheiten sind so frei von jeglicher Originalität und
Tiefe, dass sie sich leicht als Griff in die rhetorische Trickkiste
durchschauen lassen. Unappetitlicherweise bedient sich der
Oberliberale dabei aus dem Repertoire der Extremen von Rechtsaußen:
Die Unterstellung, es gebe ein von den dunklen Mächten der
Politischen Korrektheit verhängtes Tabu, "die Wahrheit" zu sagen, ist
eine Spezialität von Populisten vom Schlage eines Jörg Haider oder
schlimmer. Ebenso übrigens der abstruse Vergleich der demokratischen
Gesellschaft der Bundesrepublik mit dem römischen Weltreich zu Zeiten
des Niedergangs.
Mit seriöser Politik hat das nichts zu tun. Die müsste sich der
komplizierten Wirklichkeit stellen, anstatt sie aus politischem
Kalkül unbillig zu vereinfachen. Sie müsste die Frage beantworten,
wie wieder mehr Menschen in eine Arbeit gebracht werden, von der sie
vernünftig leben können. Und wie gleichzeitig das gerade vom höchsten
deutschen Gericht eingeforderte Recht auf ein "menschenwürdiges
Existenzminimum" gesichert werden kann, zu dem auch eine
Mindestteilhabe am gesellschaftlichen Leben gehört. Das sind
schwierige Fragen, fürwahr. Mit Plattitüden, und seien sie mit noch
so viel Getöse vorgetragen, lassen sie sich nicht lösen.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_47069.rss2

Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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