Lausitzer Rundschau: Zwischenbericht zu den Missbrauchsfällen bei den Jesuiten Ein völliges Versagen
Geschrieben am 18-02-2010 |
Cottbus (ots) - Sie wussten alles, und sie haben weggeschaut. So kann man den Zwischenbericht der Berliner Rechtsanwältin Ursula Raue, die sich im Auftrag des Jesuitenordens um die bislang 115bekanntge wordenen Fälle von sexuellem Missbrauch etwa am Berliner Canisius-Kolleg kümmert, zusammenfassen. Den Akten zufolge, die die Anwältin in den vergangenen Wochen einsehen konnte, waren den Jesuiten die sexuellen Störungen ihrer Patres Peter R. und Wolfgang S. sehr wohl bekannt. Doch der Orden kümmerte sich nur um seine Mitbrüder: Wolfgang S. erhielt einen Therapieplatz, die Kinder und Jugendlichen dagegen hatte niemand je im Blick. Für die Jesuiten ist das ein Zeugnis völligen Versagens. Fachlich, geistlich und menschlich hätten die Patres in den 1970er- und 80er-Jahren anders reagieren müssen, einmal ganz abgesehen von den vertuschten Straftaten, für die eigentlich Anzeigen fällig gewesen wären. Würden diese Vorgänge heute stattfinden, wäre die Konsequenz schnell klar: Eine Organisation, die sich so verhält, wie der Orden damals, ist als Träger einer Schule ungeeignet. Heute freilich liegen die Missbrauchsfälle nach Angaben Raues an fast allen Schulen mehr als zehn Jahre zurück. Dennoch braucht es Konsequenzen: Die Berliner Anwältin hat völlig recht, wenn sie eine zügige Aufklärung und die Schaffung von unabhängigen Ombudspersonen als Ansprechpartner für Schüler aller Schulen, nicht nur der der Jesuiten, fordert. Doch auch den Opfern muss Gerechtigkeit wiederfahren, durch öffentliche Entschuldigungen ebenso wie zum Beispiel auch der Kostenübernahme für eine Psychotherapie. Vor allem aber braucht es künftig einen besseren Schutz dagegen, dass sexuell Gestörte in der Jugendarbeit tätig werden.
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