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Börsen-Zeitung: Der Startschuss der Fed, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 19-02-2010

Frankfurt (ots) - Im Prinzip hatte Ben Bernanke, Chef der
amerikanischen Notenbank, den jüngsten Schritt seines Hauses mit etwa
einer Woche Vorlauf angekündigt. Als die Anhebung des Diskontsatzes
durch die Fed von 0,5% auf 0,75% am Donnerstagabend dann tatsächlich
kam, herrschte doch allgemein Überraschung vor, wie sich an den
Schockwellen auf den weltweiten Kapitalmärkten ablesen lässt.

So sackte beispielsweise der Euro gegenüber dem Greenback auf ein
Neunmonatstief von unter 1,35 Dollar ab. Die Kurse amerikanischer und
europäischer Staatsanleihen gingen zumindest kurzzeitig in die Knie,
und auch an den Aktienmärkten gab es Spuren. Bei den Dividendentiteln
diesseits und jenseits des Atlantiks setzte allerdings bald wieder
die Erholung ein, sodass beispielsweise der Dax am Freitag mit einem
Plus von 0,7% aus dem Handel ging.

Auffällig ist, dass die Fed die Bedeutung ihrer Maßnahme stark
herunterspielt. Dies fängt schon damit an, dass sie die Bekanntgabe
unter die äußerst harmlos klingende Überschrift "Modifikation der
Bedingungen des Diskontfenster-Kreditprogramms" stellt. Von einer
Trendwende der Zinspolitik ist somit zumindest in der offiziellen
Darstellung auch nicht ansatzweise die Rede. Damit korrespondiert
auch, dass Fed-Offizielle am Freitag noch einmal betonten, es handele
sich nicht um die Trendwende in der US-Geldpolitik, vor der die
Märkte Angst haben, sondern lediglich um eine technische Anpassung.

In der Tat handelt es sich bei der Veränderung des Diskontsatzes
nicht um eine Anhebung des Leitzinses. Der Leitzins im engeren Sinn
ist in den USA bekanntlich die Zielgröße für den Interbankensatz
("Fed Funds Rate"), also derjenige Zinssatz, zu dem die
amerikanischen Banken und Sparkassen untereinander Geld leihen und
verleihen, um ihre Salden im Rahmen der Mindestreserveverpflichtungen
bei der Zentralbank auszugleichen. Zur Steuerung der zunächst nur als
geldpolitisches Ziel formulierten Verzinsung setzt die Fed dann über
ihre New Yorker Filiale Offenmarktgeschäfte ein. Gegenwärtig wird als
Leitzins von der Fed - unverändert - ein Zielband von null bis 0,25%
angegeben. Der Diskontsatz ("Discount Rate" oder auch "Repo Rate")
ist hingegen die Verzinsung, die die Fed Banken in Rechnung stellt,
wenn sich diese zumeist wegen der kurzfristigen Verknappung von
Liquidität Zentralbankgeld leihen müssen. Traditionell handelte es
sich um Notfall-Kredite, weshalb es die Fed stets streng geheim
hielt, wenn Bankvertreter den Gang an den entsprechenden Schalter
("Discount Window") im Gebäude der New York Fed antreten mussten.

Nach den Terroranschlägenvom 11.September 2001 und mehr noch im
Rahmen der Finanzkrise hat die Finanzierung der Banken über das
Diskontfenster der Fed allerdings stark an Bedeutung gewonnen. Um das
Stigma des Diskontfensters zu überwinden, ging die Fed dazu über, die
Mittel in einer "Term Auction Facility" zu verauktionieren. In der
Krise wuchsen die Ausleihungen so auf bis zu 400 Mrd. Dollar an.
Daher verwundert es nicht, wenn die meisten US-Beobachter der
aktuellen Maßnahme eben doch große Bedeutung beimessen.

Mit dem Schritt hat die Fed zweifellos den Startschuss zu einer
Politik der Normalisierung der Verhältnisse an den Kapitalmärkten
gegeben. Die Notenbanken hatten rund um den Globus zur Bewältigung
der Krise unglaubliche Mengen an Liquidität in die Märkte injiziert.
Damit die Lage mit Blick auf die Entstehung liquiditätsgetriebener
Überbewertungsblasennicht wieder aus dem Ruder läuft, ist nun die
Eindämmung der Mittel angesagt. Die massive Erholung der Märkte seit
Frühjahr 2009 war im Wesentlichen von der Überschussliquidität
getrieben, was die am Freitag teilweise recht deutlichen Reaktionen
der Marktteilnehmer erklärt.

Allerdings wird sich die Fed hüten, das immer noch zarte
Pflänzchen der US-Konjunktur abzuwürgen. Eine Anhebung des
Leitzinses, unter der private Haushalte und Unternehmen leiden
würden, kommt daher auf absehbare Zeit nicht in Frage. Dies erklärt
letztlich auch, weshalb sich Aktienmärkte am Freitag recht robust
zeigten.

Dennoch wäre es verfrüht zu erwarten, dass die eingeläutete
Normalisierungspolitik der Fed an den Märkten spurlos vorübergeht. In
den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie viel von der Erholung der
Kurse dem konjunkturellen Aufschwung geschuldet ist und wie viel
lediglich der aufgeblähten Liquidität.

(Börsen-Zeitung, 20.2.2010)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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Pressekontakt:
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Redaktion

Telefon: 069--2732-0
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