Berliner Morgenpost: Beruhigende Botschaft in unruhigen Zeiten - Leitartikel
Geschrieben am 28-02-2010 |
Berlin (ots) - Zu besichtigen war - drei Monate vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen, drei Monate vor einem erwartbaren bösen Erwachen - noch einmal die gute, alte Zeit. Jene Jahre, Jahrzehnte der groben Drohungen, gelegentlich absurder Forderungen, des wochenlangen Geplänkels, als nach obligatorischen Nachtsitzungen und im Zweifel unter Zuhilfenahme zweier verdienter älterer Herren ein Kompromiss elaboriert wurde, von dem am Ende beide Parteien sagen konnten: Ja, es war sehr schwierig, und es ist auch nicht alles so, wie wir uns das vorgestellt haben, aber ja, wir können damit leben. Danach war erst mal Ruhe im Karton, die Staatsverschuldung wuchs wie gewohnt, und nach ein, zwei Jahren fing das Ganze wieder von vorne an. Tarifverhandlungen nach Art der Bundesrepublik - zäh, unspektakulär, kostentreibend, aber irgendwie auch sehr beruhigend. Gemessen an dieser Tradition haben die Tarifparteien des öffentlichen Dienstes, haben vor allem auch die ergrauten Schlichter Schmalstieg und Milbradt, sehr gute Arbeit abgeliefert. Sie haben in angemessen kurzer Zeit einen Vertrag zusammengezimmert, der keine der beiden beteiligten Seiten wie einen Verlierer aussehen lässt, und der auf den ersten Blick auch die mageren Zeiten einigermaßen spiegelt, in denen er gelten wird. Mehr noch: Der Potsdamer Kompromiss findet, anders als viele seiner Vorgänger, auch dort ein gutes Maß, wo er sensible Bereiche tangiert - soziale Sicherheit einerseits, Leistungsgerechtigkeit andererseits. Das gedämpfte Lob von allen Seiten wie von höchster Ebene - für sich gesehen nachvollziehbar und berechtigt. Und dennoch geht von dieser fast schon schulbuchmäßigen Tarifeinigung ein falsches, ein sedierendes Signal aus: Mit ein bisschen gutem Willen aufseiten der Arbeitgeber und ein bisschen Lohnzurückhaltung aufseiten der Arbeitnehmer, so lautet die Botschaft des Potsdamer Wochenendes, kann es im Prinzip weitergehen wie bisher. Aber das ist genau nicht der Fall. Wenn nicht ein neues Wirtschaftswunder geschieht, und zwar sehr zügig, dann werden alle Beteiligten und Unbeteiligten spätestens Mitte dieses Jahres sehen, dass es eben nicht so weitergeht. Dann werden Bund, Länder und Gemeinden Entscheidungen treffen, die nicht nur die Mehrkosten der Tarifeinigung ausgleichen. Dann werden zunächst der Bundestag, danach die Landes- und Kommunalpolitiker Haushalte aufstellen, die auch die enormen Kosten der Finanzkrise und die daraus folgenden Mindereinnahmen ausgleichen. Mag sein, dass dann immer noch nicht die letzten funktionstüchtigen Schwimmbäder oder Büchereien geschlossen werden. Aber die fälligen Gebührenerhöhungen, der Wegfall von Steuervergünstigungen, der Zwang, staatliche Leistungen generell einzuschränken, sowie die unvermeidbaren Einschnitte gerade auch bei den Personalkosten im öffentlichen Dienst - all dies wird die gerade besiegelten Bonsai-Lohnsteigerungen ebenso schnell vergessen lassen wie das große Lob für die beteiligten Tarifpartner.
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