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Neuberechnet: Der Kosmos ist 13,7 Milliarden Jahre alt

Geschrieben am 01-03-2010

Bonn (ots) - Unser Universum hat 13,75 Milliarden Jahre auf dem
Buckel - so lautet das Ergebnis einer neuen detaillierten Studie.
Forscher der Universität Bonn haben Bilder des Hubble Space Teleskops
ausgewertet, gemeinsam mit Kollegen der US-Universitäten Stanford und
Kalifornien. Der Clou: Ihre Rechnung berücksichtigt mehr Faktoren als
frühere Studien. Ihr Wert für das Alter des Universums kommt der
Wirklichkeit daher besonders nahe. Die Ergebnisse werden in Kürze in
dem Fachmagazin "Astrophysical Journal" veröffentlicht.

Das Forscherteam hat mit Hilfe so genannter Gravitationslinsen die
Hubble-Konstante bestimmt. Diese beschreibt, wie schnell sich unser
Universum ausdehnt. Daraus lässt sich ableiten, wie viel Zeit seit
dem Urknall vergangen ist. Bisher galt die Gravitationslinsen-Methode
als verhältnismäßig unpräzise. Dr. Sherry Suyu von der Uni Bonn und
ihre Kollegen konnten nun jedoch die Konstante mit einer Genauigkeit
von sieben Prozent bestimmen. Für das Alter des Kosmos heißt das:
"Nach unseren Berechnungen ist das Universum 13,75 Milliarden Jahre
alt", so Dr. Sherry Suyu, "maximal 170 Millionen Jahre älter oder 150
Millionen Jahre jünger."

Um die Hubble-Konstante zu ermitteln, müssen die Forscher wissen,
wie weit eine Galaxie von uns entfernt ist und wie schnell sie sich
von uns fortbewegt. Letzteres lässt sich anhand der Rotverschiebung
ermitteln: Je schneller sich eine Galaxie wegbewegt, desto stärker
sind die Wellenlängen des Lichts, das von ihr ausgeht, in den
rötlichen Bereich verschoben. Die absolute Entfernung der Erde zu
einer fremden Galaxie zu ermitteln, ist dagegen sehr viel
komplizierter.

Das internationale Team benutzte dafür eine noch relativ junge
Methode: Sie betrachteten eine Galaxie - die so genannte Quelle -,
die hinter zwei anderen, nah beieinander liegenden, massereichen
Galaxien liegt. Die starke Gravitation dieser Galaxien krümmt den
Raum. Bewegt sich Licht von der Quelle nahe an den Galaxien vorbei,
wird es durch die Schwerkraft ähnlich wie von einer Linse abgelenkt.
Astronomen sprechen daher auch von Gravitationslinsen.

Als Folge sehen wir die Quelle nicht einmal, sondern gleich
mehrmals am Himmel, da das Licht auf unterschiedlichen Wegen um die
Linsengalaxien herum zu uns gelangen kann. "In unserem Fall gab es
vier Abbilder der Quelle, die ringförmig um die Linse herum
erschienen", erklärt Dr. Sherry Suyu. Die Quellgalaxie selbst
veränderte mit der Zeit ihre Helligkeit. Diese Helligkeitsänderung
zeigte sich auch in den vier Bildern - allerdings zu
unterschiedlichen Zeiten: "Die Wege, die das Licht der Quellgalaxie
durch die Linse nehmen kann, sind unterschiedlich lang", sagt Sherry
Suyu. "Daher hellte zuerst dieses Bild unten links auf. Etwa 30 Tage
später wurde das Abbild oberhalb der Linse heller."

Aus dem Zeitunterschied zwischen den vier Bildern konnten die
Astronomen die Entfernung zur Quelle ermitteln. Dr. Phil Marshall vom
Kavli-Institut für Astroteilchenphysik und Kosmologie der Universität
Stanford in Kalifornien erläutert: "Wenn wir wissen, wie die Linse
beschaffen ist, können wir vorhersagen, wie lange das Licht der vier
Bilder für seinen Weg von der Quelle durch die Linse zu uns jeweils
braucht. Vergleichen wir diese Werte mit dem Zeitunterschied, den wir
bei den vier flackernden Bildern tatsächlich beobachten, wissen wir,
wie weit die Linsengalaxie und die Quelle von uns entfernt sind."

Erstmalig hat das Team in seine Berechnungen auch alle anderen
Galaxien mit einbezogen, die zwischen der Erde und der Quelle liegen.
"Ohne diese zusätzlichen Massen erhält man für die Hubble-Konstante
einen zu hohen Wert", erklärt Dr. Stefan Hilbert, Dr. Suyus Kollege
am Argelander-Institut. Das Universum würde dann jünger geschätzt,
als es tatsächlich ist.

Forscher vor ihnen haben bei der Berechnung der Hubble-Konstante
meist einfach vorausgesetzt, dass das Universum flach und nicht
gekrümmt ist. Dr. Suyu und ihre Kollegen haben jetzt berechnet, dass
diese Annahme tatsächlich stimmt. Und auch über die mysteriöse dunkle
Energie, die das Universum immer schneller expandieren lässt, wissen
sie jetzt mehr: "Unsere Berechnungen haben ergeben, dass unser
Universum zu 72 Prozent aus dunkler Energie besteht, wie auch immer
sie aussehen mag", sagt Dr. Suyu. "Der Rest ist die gewöhnliche
Materie, die wir kennen, und Dunkle Materie, nach der unter anderem
Forscher am Genfer CERN suchen."

An der Arbeit haben auch Wissenschaftler der Universität von
Kalifornien und der niederländischen Universität Groningen
mitgewirkt. "Unsere Analyse ist sehr viel detaillierter als andere
Berechnungen zuvor", resümiert Dr. Suyu.

Bilder und ein Videopodcast zu dieser Meldung finden Sie unter:
http://www3.uni-bonn.de/Pressemitteilungen/059-2010

Originaltext: Universität Bonn
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/52098
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_52098.rss2

Pressekontakt:
Dr. Sherry Suyu
Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-6787
E-Mail: suyu@astro.uni-bonn.de


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