Der Tagesspiegel: Öffentlicher Dienst: Vogt bringt Schlichtung ins Gespräch
Geschrieben am 12-03-2006 |
Berlin (ots) - Berlin - Beim Tarifstreit im öffentlichen Dienst hat die SPD-Spitzenkandidatin im baden-württembergischen Landtagswahlkampf, Ute Vogt, erstmals die Berufung eines Schlichters ins Gespräch gebracht. Vogt sagte dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe): "Die Schlichtung wäre ein möglicher Weg." Sie sagte, mit dem Verhandlungsführer, dem niedersächsischen Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), sehe sie keinen Weg zu einer friedlichen Einigung mehr. "Möllring muss ausgetauscht werden, das ist ein Weg zur Lösung des Konfliktes."
Am Samstag waren die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ergebnislos abgebrochen worden, ohne dass ein neuer Termin vereinbart wurde. Im Kern des Konfliktes geht es um die Arbeitszeit. Die Länder verlangen eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden. Die Gewerkschaft lehnt das ab. Sie hatte zuletzt 38,8 Wochenstunden angeboten, die Länder hätten nach Tagesspiegel-Informationen bei 39,5 Stunden ja gesagt.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, verstärkt die SPD-Kritik an Möllring: "Ihm scheint es darum zu gehen, eine Niederlage für Verdi zu organisieren und so die Gewerkschaftsbewegung zu schwächen. Das ist eine ungesunde Situation. Teile der CDU-Ministerpräsidenten hoffen offensichtlich, Verdi in diesem Konflikt demütigen zu können." Der Geschäftsführer der TdL, Ulrich Konstantin Rieger, hält die Situation dagegen keineswegs für aussichtslos. "Eine Schlichtung kommt erst in Frage, wenn die Verhandlungsdelegationen aus eigener Kraft nicht mehr zu einer Einigung kommen können". So weit sei es aber noch lange nicht. Er sei zuversichtlich, dass die Verhandlungen "nach einer Denkpause" bei auch ohne Schlichtung erfolgreich zu Ende gebracht werden könnten.
Auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner, fordert weitere Verhandlungen vorerst ohne Schlichter. Er schloss sich zwar der Kritik an Möllring an. "Ich habe den Eindruck, dass die Arbeitgeber nicht kompromissfähig sind.Wenn aber die Situation so festgefahren ist wie jetzt, wäre ein Schlichter von vornherein zum Scheitern verurteilt", sagte Brandner.
Der Berliner Wahlforscher Oskar Niedermayer plädiert dafür, einen neutralen Schlichter einzusetzen. "Es wird langsam Zeit, den Arbeitskampf beizulegen", sagte er. "Die Fronten verhärten sich." Niedermayer rechnet damit, dass lange Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der SPD bei den anstehenden Landtagswahlen Schaden könnten. "Die Gewerkschaften nähern sich immer stärker der Linkspartei an. Es ist möglich, dass die SPD dadurch bei den Landtagswahlen ein bis zwei Prozent an die WASG verliert", sagte Niedermayer. Allerdings sei dies auch davon abhängig, ob die SPD es schaffe, den Schwarzen Peter für das bisherige Scheitern der Verhandlungen der CDU zuzuschieben.
Verdi-Sprecher Harald Reutter sagte, dass bei der Gewerkschaft der Eindruck verfestigt sei, dass "die Hardliner im Arbeitgeberlager kein Interesse an einem neuen Tarifvertrag haben. Jetzt sind die Arbeitgeber am Zug - ob es eine Schlichtung gibt, muss dort geklärt werden. Dann werden wir uns dazu äußern."
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