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Kinder psychisch kranker Eltern - (auch) ein Thema für die Politik

Geschrieben am 09-03-2010

Berlin (ots) - In Deutschland wachsen zwischen drei und vier
Millionen Kinder und Jugendliche mit psychisch kranken Eltern auf.
Damit diese Kinder nicht vergessen werden, haben der Bundesverband
der Angehörigen psychisch Kranker (BApK e.V.), der BKK Bundesverband
und der Verein für gemeindenahe Psychiatrie in Rheinland Pfalz
Aufklärungsmaterial entwickelt. Diese sind Ergebnis des
Kooperationsprojektes "Die vergessenen Kinder - Unterstützung für
Kinder psychisch kranker Eltern" und werden heute in der
Landesvertretung Rheinland-Pfalz vorgestellt.

Die zielgruppenspezifischen Informationsmaterialien richten sich
an betroffene Familien und ihre Helfer, aber auch an das Umfeld der
Familien wie Schulen und Nachbarschaft. Sie sollen die Aufmerksamkeit
für die Belange der betroffenen Kinder und Jugendlichen stärken. Dass
diese Kinder in unserer Gesellschaft und auch von der Politik bisher
noch viel zu wenig Aufmerksamkeit erfahren, betonte Roswitha Beck,
Vorsitzende des Kuratoriums des Vereins zur Unterstützung
Gemeindenaher Psychiatrie in Rheinland-Pfalz e.V. "Das
Gesundheitswesen vergisst sie, weil es für den psychisch kranken
Elternteil zuständig ist. Die Jugendhilfe kennt diese Kinder oftmals
nicht", so Roswitha Beck.

Auch Gudrun Schliebener, Vorsitzende des BApK, sieht einen
"blinden Fleck" in der Angehörigenarbeit in der Psychiatrie: "Damit
die betroffenen Kinder nicht die psychisch Kranken von morgen werden,
müssen alle Akteure der verschiedenen Hilfesysteme gut
zusammenarbeiten." Dafür setzt sich die Familien-Selbsthilfe
Psychiatrie des Bundesverbandes seit mehr als 15 Jahren ein.

Der BKK Bundesverband hat das Projekt, das auch das
Bundesgesundheitsministerium unterstützte, finanziell gefördert.
Heinz Kaltenbach, Geschäftsführer des BKK Bundesverbandes, bekräftigt
das Engagement: "Es ist wichtig, dass wir die Kinder als schwächste
Glieder der Kette unterstützen, damit die gesundheitliche Belastung
der Eltern nicht zu einer Überlastung der Kinder führt. Die
Betriebskrankenkassen fördern übrigens seit 2003 mit der Initiative
'Mehr Gesundheit für alle' über 60 regionale und überregionale
Projekte und Strukturmaßnahmen zur Gesundheitsförderung und
Prävention."

Welche Aufmerksamkeit, Information und Unterstützung die Familien
brauchen, ist inzwischen gut erforscht und zum Teil auch in der
Praxis umgesetzt. In Rheinland-Pfalz wurden zum Beispiel an drei
Standorten im Rahmen eines mehrjährigen Modellprojekts
Handlungsansätze entwickelt und erprobt. "Patenschaftsmodelle", wie
von Katja Beeck in Berlin initiiert, fördern ehrenamtliches
Engagement. In Leipzig ist es dem Angehörigenverein WEGE e.V. mit der
Beratungsstelle "AURYN" gelungen, ein verlässliches Angebot für die
betroffenen Familien fest - und regelfinanziert - im Hilfesystem der
Messestadt zu etablieren.

Was fehlt, ist die flächendeckende, verlässliche Umsetzung von
Präventionsmaßnahmen und Hilfe dort, wo es Not tut. Außerdem müssen
Strukturen einer belastbaren Kooperation geschaffen und die
unterschiedlichen Hilfesysteme und Fachleute vernetzt werden. Eine
Podiumsdiskussion mit Betroffenen, Krankenkassenvertretern,
Fachleuten aus Praxis und Forschung sowie mit Vertretern des
Gesundheits- und Familienministeriums widmet sich der Frage, welche
Aufgaben sich hieraus ergeben. Es kommt darauf an, belastete Familien
frühzeitig zu unterstützen, um Risiken zu verringern und nicht erst
dann zu handeln, wenn "das Kind in den Brunnen gefallen ist."

Informations- und Aufklärungsmaterial kann unter www.bkk.de und
www.bapk.de bestellt und heruntergeladen werden.

Zahlen und Fakten

Die Risikoforschung bestätigt: Kinder, die in Familien aufwachsen,
in denen ein Elternteil psychisch krank ist, sind in vielfältiger
Weise davon betroffen. Für sie ist das Risiko erhöht, selbst eine
psychische Störung zu entwickeln. Zahlreiche Untersuchungen schätzen,
dass diese Kinder etwa zwei bis drei Mal so oft psychisch erkranken
als andere Kinder. Ein Drittel der untersuchten Kinder aus
betroffenen Familien weisen keine Beeinträchtigungen auf, ein
weiteres Drittel lediglich vorübergehende Auffälligkeiten, beim
restlichen Drittel der Kinder zeigen sich fortdauernde seelische
Störungen.

Kinderpsychiater konnten belegen, dass ein Drittel der Kinder in
stationärer kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung mindestens
einen psychisch kranken Elternteil haben. Eine genetische
Prädisposition gilt besonders für Kinder von schizophren Erkrankten
als wahrscheinlich. Während das generelle Lebenszeitrisiko einer
psychischen Erkrankung ein Prozent beträgt, liegt die
Wahrscheinlichkeit für Kinder schizophrener Eltern bei 10 - 15
Prozent, und zwar nicht nur für eine eigene Schizophrenie, auch für
andere seelische Störungen.

Das Risiko für eine affektive Störung, also Gemütsstörung wie
Depression und/oder Manie, ist etwa drei bis sechs Mal höher als bei
unauffälligen Eltern. Sind beide Elternteile depressiv erkrankt,
liegt die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei rund 70 Prozent. Noch
problematischer wird es offenbar bei Eltern mit einer
Persönlichkeitsstörung in Kombination mit einer Suchterkrankung. Auch
bei Angststörungen liegt das Risiko um das Siebenfache über dem
Durchschnitt.

Originaltext: BKK Bundesverband GbR
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53946
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53946.rss2

Pressekontakte:
Familien-Selbsthilfe Psychiatrie (BApK e.V.)
Beate Lisofsky
bapk-berlin@psychatrie.de
030 91 20 88 63
www.bapk.de

BKK Bundesverband
Christine Richter
presse@bkk-bv.de
030 22 312 121
www.bkk.de


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