Lausitzer Rundschau: Die Weichenstellung Vor 20 Jahren erste freie DDR-Volkskammerwahl
Geschrieben am 17-03-2010 |
Cottbus (ots) - Es war ein großer Tag der deutschen Geschichte, jener 18.März vor zwanzig Jahren, an dem überall in der DDR die Menschen zum letzten Mal und gleichzeitig zum ersten Mal als freie Bürger an die Wahlurnen strömten. Welche Bedeutung damals dieser Tag hatte, lässt sich an der Wahlbeteiligung von 93Prozent ablesen - ein Wert, von dem die Demokratie träumt. Aber die Besonderheit dieses Tages ermisst sich nicht nur an solchen Rekorden oder der Tatsache, dass damit endlich seit Jahrzehnten wieder in ganz Deutschland das Volk seine Vertreter selbst bestimmte. Der 18.März war ein Tag entscheidender Weichenstellungen. Mit dem nicht völlig überraschenden, in der Höhe aber nicht erwarteten Sieg der um den westdeutschen Bundeskanzler Helmut Kohl gescharten Allianz für Deutschland verabschiedeten sich die bis dahin von der SED beherrschten Menschen von der Vorstellung, es könne im Osten so etwas wie einen eigenen Weg geben. Die Wahl war nicht nur ein Votum für eine zügige Vereinigung, sondern auch ein Bekenntnis zur weitgehenden Übernahme der politischen wie ökonomischen Ordnung der alten Bundesrepublik. So mancher will dies heute nicht mehr wahrhaben, aber der Osten verlangte mit einer klaren Mehrheit den radikalen Abschied von der DDR. Die Weichenstellung hatte im Übrigen weitreichende Folgewirkungen auch für die alte Bundesrepublik. Mit dem Sieg seiner Verbündeten gelang es Helmut Kohl, seine Kanzlerschaft um weitere acht Jahre zu verlängern. Die neue Volkskammer war die Voraussetzung für seinen Weg zur Vereinigung. Aus dem umstrittenen Bonner Regierungschef wurde an jenem Tag eine nationale Gestalt von besonderer Größe. Vielen von denen, die mit ihrem Mut überhaupt erst die Freiheit erkämpft hatten, wurde dagegen der Tag zur traurigen Zäsur. Sie erlebten an den Urnen ein Debakel und brauchten einige Zeit, dies zu verkraften. Da mag es heute die eine oder andere Bürgerrechtlerin trösten, dass damit auch der Aufstieg der ersten Frau an die Spitze des Landes begann. Was es allerdings auch in die Erinnerung zu rufen gilt: Mit der freien Wahl kommt auch die Verantwortung. Die Folgen der Weichenstellung jener Entscheidung kann man nicht abschieben. Sie sind ein notwendiger Ausdruck der Risiken, die die ersehnte Freiheit birgt.
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