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Der Tagesspiegel: Therapeut: Kirche ignorierte Warnungen

Geschrieben am 19-03-2010

Berlin (ots) - Berlin - Im Skandal um sexuellen Missbrauch im
Münchner Erzbistum hat der Psychotherapeut Werner Huth schwere
Vorwürfe gegen die katholische Kirche erhoben. Mehrmals habe er die
Bistumsleitung davor gewarnt, den aus Essen nach München versetzten
pädophilen Pater H. in der Jugendarbeit einzusetzen, sagte Huth dem
"Tagesspiegel" (Samstags-Ausgabe). Auch in der Amtszeit von Joseph
Ratzinger als Münchner Erzbischof (1977 bis 1981) habe er seine
Bedenken leitenden Geistlichen vorgetragen, darunter auch einem
Weihbischof, sagte der Münchner Psychotherapeut. Die Warnungen wurden
ignoriert. Er sei entsetzt gewesen, als er erfuhr, dass Pater H. bis
vor zwei Jahren Gemeindepfarrer war und 150 Ministranten betreut
habe. "Um Gottes willen", sagte Huth, "Pater H. hätte unter keinen
Umständen mit Kindern etwas zu tun haben dürfen."
H. habe weder genügend eingesehen, dass er ein Problem hat, noch dass
eine Therapie sinnvoll ist, sagte Huth. Der Pater kam auf Druck
seiner Vorgesetzten. Bereits 1980 habe er H. die Auflagen gemacht,
Jugendliche zu meiden, keinen Alkohol zu trinken und sich einen
Pfarrer als Supervisor zu suchen, berichtete Huth. H. hatte seine
Delikte offenbar meist unter Alkoholeinfluss begangen, erst
getrunken, dann mit Minderjährigen Pornos angeschaut. Ein halbes Jahr
nach Therapiebeginn wurde H. wieder in einer Münchner Gemeinde
eingesetzt. Huth musste sich an die Schweigepflicht halten. "Ich
konnte nicht im Ordinariat anrufen und fragen: Verdammt, was macht
Ihr da?"
Huth sieht das Versagen vor allem beim damaligen Weihbischof: "Der
fühlte sich Pater H. gegenüber wie ein Ziehvater und hat ihm keine
Daumenschrauben angelegt." Der Weihbischof ist vor zehn Jahren
gestorben. Der frühere Generalvikar übernahm die "volle
Verantwortung" für die Fehlentscheidungen. Werner Huth ist sich "fast
sicher", dass Ratzinger nichts von dem Fall wusste. "Ratzinger hatte
eine schwere Amtszeit in München, schrieb seine Bücher. Dass er sich
mit der ihm sehr fernen Erfahrungswelt eines pädophilen Priesters
beschäftigt hat, halte ich für unwahrscheinlich."

Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Newsroom, Telefon: 030-29021-14909.

Originaltext: Der Tagesspiegel
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/2790
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_2790.rss2

Pressekontakt:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de
 


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