Jobmotoren brauchen verlässliche Rahmenbedingungen / 6. Wiesbadener Gespräche der HessenChemie zur Sozialpolitik
Geschrieben am 26-03-2010 |
Wiesbaden (ots) -
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Zum sechsten Mal fanden die Wiesbadener Gespräche des Arbeitgeberverbandes HessenChemie statt. Das Thema "Pharmaindustrie und Medizintechnik: Jobmotoren für Hessen!?" zog mehr als 200 Experten ins Wiesbadener Kurhaus.
Die HessenChemie will mit der Veranstaltung und dem im FAZ-Verlag erschienenen Tagungsband einen Beitrag zur Versachlichung der aktuellen Debatte um Gesundheitskosten leisten. Derzeit könne man nämlich in der öffentlichen Diskussion den Eindruck gewinnen, so der Vorsitzende Karl-Hans Caprano, dass in den Fabrikhallen der Pharmaunternehmen reine Gelddruckmaschinen stünden. Von dem notwendigen hohen Forschungsaufwand, langen Entwicklungszeiten und der Kapitalintensität in der Branche sei dagegen kaum die Rede.
Daten und Fakten bildeten die Grundlage für die Diskussion von Experten aus Politik und Wirtschaft. Zunächst stellte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, eine von HessenChemie initiierte Studie vor, die die Bedeutung der Pharmaindustrie und der Medizintechnik untersuchte. Pharma- und Medizintechnik zeigten sich nach seinen Ergebnissen im letzten Jahr weitgehend krisenfest: Mit einem Minus von 3,1 Prozent habe die Branche im Jahr 2009 einen deutlich geringeren Umsatzrückgang zu verzeichnen gehabt als das verarbeitende Gewerbe mit minus 18,2 Prozent. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erhöhte sich sogar leicht um 0,9 Prozent, während diese im verarbeitenden Gewerbe um 2,8 Prozent sank. Hüther machte vor allem zwei Erfolgsfaktoren aus: Die intensive Forschungstätigkeit sowie die umfassenden Investitionen, die in der Branche geleistet wurden.
Im Anschluss sprach Moderator Norbert Lehmann mit zwei Unternehmenslenkern über deren Einschätzungen. Martin Siewert, Geschäftsführer der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, und Andreas Brutsche, Geschäftsführer der Novartis Vaccines and Diagnostics GmbH & Co KG, äußerten sich zur Zukunft. Beide waren sich einig, dass eine nachhaltige Reformstrategie notwendig sei, damit die Pharmaunternehmen auch langfristig planen können. "Wir können nicht jedes Jahr oder jede Legislaturperiode neu diskutieren, wie die Löcher im Gesundheitswesen gestopft werden sollen, sondern wir brauchen stabile Rahmenbedingungen", so Brutsche. Besonders wichtig sei dies angesichts der Tatsache, fügte Siewert hinzu, dass dem deutschen Pharmamarkt immer stärkere internationale Konkurrenz erwachse und zudem in den nächsten Jahren einige wichtige Patente auslaufen.
Dass man an einem Punkt angekommen sei, an dem entscheidende Weichen gestellt werden müssen, das sahen auch die Teilnehmer der folgenden Podiumsdiskussion so. Man müsse weg von einer reinen Kosten- hin zu einer Kosten-Nutzen-Diskussion. "Wir brauchen mehr freien Wettbewerb, in dem Ärzte und Patienten selbst entscheiden können", betonte Hartmut G. Erlinghagen als Vertreter des Arbeitgeberverbandes HessenChemie. Florian Rentsch, FDP- Fraktionsvorsitzender im Hessischen Landtag, plädierte für die Aufteilung in eine Grundsicherung einerseits und zusätzliche Leistungen andererseits. Die von Gesundheitsminister Rösler eingebrachten Vorschläge würden bis zum Sommer weiter ausgearbeitet und konkretisiert.
Die Notwendigkeit einer Neuordnung sah auch der Vorstandssekretär der IG BCE Francesco Grioli. Die aktuellen Pläne kritisierte er als unausgereift. Ein Ansatz, der nur die Arzneimittelkosten in den Blick nehme, greife zu kurz. Die Frage, wie Gesundheit in Zukunft zu finanzieren sei, müsse viel umfassender gestellt werden und sowohl Patienten und Ärzte als auch Krankenhäuser und Apotheken einbeziehen.
Das Potenzial der Branche für den Arbeitsmarkt in Hessen unterstrich Detlef Terzenbach. Der Leiter des Projektes Hessen-Biotech veranschaulichte, dass unter anderem in der Biotechnologie große Chancen liegen, denn deren Umsatz habe sich in den vergangenen sechs Jahren in Hessen mehr als verdoppelt.
Die Unternehmer Siewert und Brutsche betonten abschließend, dass die Industrie sehr wohl bereit sei, sich der Notwendigkeit von Kosteneinsparungen zu stellen. Allerdings müsse es weiterhin möglich sein, gute Umsätze zu erzielen. Denn die Erfolgsfaktoren Investitionen und Forschung kosteten nun einmal viel Geld.
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