Börsen-Zeitung: Seufzer der Erleichterung, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn
Geschrieben am 26-03-2010 |
Frankfurt (ots) - Die jüngsten Entscheidungen auf dem europäischen Parkett hinsichtlich eines Rettungspakets für das hoch verschuldete Griechenland sind an den Kapitalmärkten mit einem Seufzer der Erleichterung aufgenommen worden, die Märkte haben sich zum Wochenausklang recht freundlich entwickelt: Der Dax hat im Wochenvergleich 2,3% auf 6120 Zähler zugelegt, der Euro kletterte am Freitag zumindest zeitweise wieder über 1,34 Dollar. Und der Risikoaufschlag, den Investoren für zehnjährige griechische Staatsanleihen im Vergleich zu den entsprechenden Bundesanleihen verlangen, hat sich auf 307 Basispunkte nach 320 Basispunkten am Vortag weiter reduziert.
Für die Marktteilnehmer sind zwei Ereignisse gleichermaßen von großer Bedeutung: Einerseits die Einigung auf ein Hilfspaket, das nur als letztes Mittel dienen und nur unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds IWF geschnürt werden soll. Und andererseits die Tatsache, dass die Europäische Zentralbank (EZB) über das Jahresende 2010 hinaus Papiere mit einem Mindest-Rating "BBB-" als Sicherheiten für die Versorgung mit Liquidität akzeptieren will. Denn würde die EZB dann bereits zu den Gepflogenheiten von vor der Krise zurückkehren (nämlich zu einer Mindestanforderung von "A-"), wäre die Akzeptanz griechischer Staatsanleihen bei der Notenbank gefährdet. Sie werden derzeit nämlich mit "A2/BBB+" und negativem Ausblick zumindest von Standard&Poor's und Fitch unterhalb der alten EZB-Demarkationslinie eingestuft, bei Moody's nur ganz leicht darüber.
Zudem will die Notenbank ihre bislang recht digitale Vorgehensweise, dass sie Papiere entweder akzeptiert oder zurückweist, durch einen graduellen Ansatz von Abschlägen für verschiedene Risikoklassen ersetzen. Der Kurswechsel der EZB wird von den Marktteilnehmern mit großer Erleichterung aufgenommen. Denn wie die Analysten von Goldman Sachs zurecht anmerken, hatte die strenge Sicherheiten-Politik der EZB mit ihrer rigiden Grenzziehung im Repo-Geschäft im Prinzip dazu geführt, dass sie den Ratingagenturen quasi einen Nuklearsprengsatz in die Hände gab. Den Ratingagenturen die Entscheidung über die EZB-Fähigkeit von Papieren zu überlassen, sei schon in normalen Zeiten unangemessen gewesen. In der Krise aber wären die Folgen einer solchen Politik unter Umständen schwerwiegend, betonen die Goldman-Experten.
Die nun bestehende Aussicht, dass ein Hilfspaket im Ernstfall auf den Weg gebracht wird und dass auch der wegen seiner strengen Auflagen gefürchtete IWF im Boot sitzt, entschärft die Griechenland-Problematik ein wenig. Dem Land ist es im Februar und März zwar gelungen, über den Bondmarkt 8 bzw. 5 Mrd. Euro aufzunehmen. Über den Berg sind die Südeuropäer damit aber noch lange nicht. Im Gesamtjahr 2010 müssen sie nämlich nach einer Überschlagsrechnung von Goldman Sachs an Tilgungen, Zinszahlungen und Defizit-Deckung rund 50 Mrd. Euro aufbringen. Bislang haben sie aber mittels Bond- und Geldmarktpapieren sowie einem kleinen Haushaltsüberschuss durch Einsparungen erst etwas mehr als 19 Mrd. Euro vorzuweisen. Es klafft also immer noch eine gewaltige Finanzierungslücke, die es wahrscheinlich macht, dass Griechenland die inzwischen notgedrungen auch von Deutschland angebotene Hilfe zum Jahresende hin wird annehmen müssen.
Apropos Nuklearsprengsatz: An den Märkten ist man sich einig, dass dem Finanzsystem im Fall einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands etwas droht, das sich wohl am besten mit einer Wasserstoffbombenexplosion vergleichen lässt. Denn wie Patrick Artus, der bekannte Chefvolkswirt von Natixis, aktuell vorrechnet, haben europäische Banken bei griechischen Staatsanleihen 140 Mrd. Euro im Feuer und bei Spanien - das Thema der iberischen Zahlungsfähigkeit käme dann unweigerlich auf - rund 120 Mrd. Euro.
Dies scheint nun aber vorerst abgewendet, sodass die Akteure durchatmen und sich auf andere den Markt beeinflussende Faktoren konzentrieren können. Kurzfristig sind die noch immer positiv überraschenden Frühindikatoren wie zuletzt der Ifo-Index das Thema. Wie lange diese Unterstützung noch anhält, steht freilich in den Sternen. Die meisten Ökonomen sind in diesem Punkt eher pessimistisch. Der aktuelle Aufwärtstrend an den europäischen Aktienmärkten dürfte dann auslaufen - trotz der Griechenland-Einigung.
(Börsen-Zeitung, 27.3.2010)
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt: Börsen-Zeitung Redaktion Telefon: 069--2732-0 www.boersen-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
259632
weitere Artikel:
- Neue OZ: Kommentar zu Unternehmen / HRE Osnabrück (ots) - Demütige Idealbesetzung Der unerwartete Rücktritt von HRE-Chef Axel Wieandt könnte sich für die staatlich gestützte Bank als wahrer Glücksfall erweisen. Wieandt hatte bei der HRE zu einem Zeitpunkt das Ruder übernommen, als die Bank mitten in ihrer größten Krise steckte. Dass der Konzern auch in Wieandts eineinhalbjähriger Amtszeit einen Milliardenverlust schrieb, ist dem Spitzenbanker nicht anzulasten - im Gegenteil. Wieandt hat die Weichen in Richtung Erfolg gestellt. Dennoch: Der Nachfolger von Georg Funke galt mehr...
- Aktuelle Meldung zu Voltas Grundbesitz in unmittelbarer Nähe des Bui-Damms in Ghana Toronto, March 26, 2010 (ots/PRNewswire) - Volta Resources Inc. ("Volta" oder das "Unternehmen") gibt ergänzend zu seiner Pressemitteilung vom 21. Juli 2009 bezüglich seiner Firmengrundstücke entlang des Bui-Gürtels in Ghana bekannt, dass dem Unternehmen von Ghanas Umweltschutzbehörde ("EPA") sowohl mündlich als auch in schriftlicher Form mitgeteilt worden sei, dass die Genehmigungen zur Exploration von Mineralien der ghanaischen Umweltschutzbehörde ("EPA-Lizenzen") nicht verlängert werden. Dies betrifft sowohl die Lizenzen für die potenziellen mehr...
- BDI kritisiert Preisdirigismus für Arzneimittel - Gegen höheren Zwangsrabatt - Preiseingriffe gefährden Innovationen - Deutschland muss attraktiver Forschungsstandort bleiben Berlin (ots) - "Auf Dauer feste Zwangsrabatte und Preismoratorien sind massive staatliche Eingriffe in die Preisgestaltungsfreiheit von Unternehmen. Die Politik muss vielmehr stabile Rahmenbedingungen setzen, damit die Gesundheitswirtschaft zu einem Wachstumssektor im Wettbewerb wird." Das sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf zu den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums, den Zwangsrabatt auf Arzneimittel von sechs auf 16 Prozent zu erhöhen und mit einem Preismoratorium zu versehen. "Die Politik muss berücksichtigen, dass mehr...
- Bekanntgaben von Maysoon Al Damluji und Ayad Allawi Baghdad, March 28, 2010 (ots/PRNewswire) - Bekanntgabe von Maysoon Al Damluji, Sprecher der Iraqiya-Liste: "Gemäss der Verfassung haben wir nun den Auftrag eine Regierung zu bilden und al-Iraqiah hat einstimmig beschlossen, Ayad Allawi als Kandidat für das Amt des Premierministers aufzustellen." Aussage von Ayad Allawi, Kandidat für das Amt des Premierministers: "Wir danken dem irakischen Volk für das Vertrauen, dass es in uns und unsere Vision für den Irak gesetzt hat, angeführt zu werden von einer umfassenden, effektiven und nicht mehr...
- 10.000ster Fan auf der Planai Facebook Seite - BILD Schladming (ots) - Am Samstag, den 27. März 2010 war es soweit: die Planai-Hochwurzen-Bahnen konnten als erstes touristisches Freizeitunternehmen die magische Grenze von 10.000 Fans auf Facebook erreichen. Die Planai-Bahnen sind damit eines der erfolgreichsten Unternehmen im Bereich der "Social Medias" der Tourismus- und Freizeitwirtschaft im gesamten Alpenraum. Mag.(FH) Elias Walser, Marketingleiter der Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH, zeigte sich sichtlich erfreut: "Soziale Netzwerke verfügen über eine sehr hohe Glaubwürdigkeit. War es früher mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|