DAX-Vorstandsbezüge trotz Erholungstendenzen noch immer unter dem Niveau von 2005
Geschrieben am 30-03-2010 |
Frankfurt (ots) - Nach krisenbedingtem Einbruch in 2008 steigen Direktvergütungen der DAX-Vorstände 2009 im Durchschnitt um 10%, bereinigt um personelle Wechsel lediglich um 1%
Umsetzung neuer regulatorischer Vorgaben für Vorstandsvergütung erfolgt schnell und freiwillig - Mehr Transparenz und Mitsprache für Aktionäre
Towers Watson Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung DAX 2009
Die durchschnittlichen Bezüge von Vorständen im DAX notierter Unternehmen sind laut einer Towers Watson-Analyse im Geschäftsjahr 2009 moderat gestiegen, haben sich jedoch sehr unterschiedlich entwickelt. So ist für die Direktvergütung (Bezüge ohne Altersversorgung) der Vorstandsvorsitzenden aller DAX-Unternehmen ein Anstieg von 10% auf ca. 3,64 Mio EUR zu verzeichnen, was noch unter dem Vergleichswert für das Geschäftsjahr 2005 liegt. Die Bezüge sonstiger Vorstandsmitglieder sind mit ca. 1,91 Mio EUR gegenüber dem Vorjahr fast unverändert geblieben (-1%). Im direkten Vergleich der 24 Konzernchefs, die schon 2008 ganzjährig im Amt waren, steigen die Direktvergütungen geringfügig um 1% auf 3,94 Mio EUR. Die Grundvergütungen steigen um ca. 4%. Die Analyse der Vergütungssysteme zeigt, dass die DAX-Unternehmen trotz kurzer Fristen die Umsetzung der zahlreichen neuen gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben offensiv in Angriff genommen und in ersten Fällen bereits umgesetzt haben.
Dies sind die Kernaussagen der Analyse "Geschäftsberichtsauswertung Vorstandsvergütung DAX 2009" der Management-Beratung Towers Watson, die auf den Angaben der 29 Unternehmen aus dem DAX-Kreis basiert, deren Jahresabschlussberichte bereits vorliegen.
"Während die Krise die Wirtschaft 2009 mehrheitlich noch fest im Griff hatte, rollte über die Unternehmen eine beispiellose regulatorische Welle mit Vorstandsangemessenheitsgesetz, neuem Corporate Governance-Kodex sowie bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen zur Vergütung. Obwohl diese Bestimmungen teils erst spät in 2009 erlassen und lange Übergangsfristen gewährt wurden, sind die Unternehmen sehr schnell und freiwillig in der Umsetzung dieser Regelungen vorangeschritten", erläutert Michael H. Kramarsch, Managing Director Towers Watson EMEA. Und Joachim Kayser, Leiter Executive Compensation bei Towers Watson Deutschland, ergänzt: "Dass die Vergütungen wieder steigen, ist den verbesserten Kennzahlen bei einem Teil der DAX-Unternehmen geschuldet. Performance und Bezüge laufen in guten wie schlechten Zeiten im Gleichklang, das ist ein Indiz für funktionierende Vergütungssysteme."
Entwicklungen bei Vergütungsstruktur und -höhe
2009 ergibt sich für die Struktur der Vergütung eines Vorstandsvorsitzenden im DAX 30 folgendes Bild: Die Grundvergütung stellt einen Anteil von 27% an der Gesamtvergütung (+1 Prozentpunkt gegenüber 2008), Nebenleistungen plus Altersversorgung 12% (-3), die Jahreserfolgsvergütung (Bonus) 39% (-1) und die variablen Langfristvergütungen (LTI) 22% (+3). In absoluten Zahlen ist die durchschnittliche Grundvergütung eines Vorstandsvorsitzenden über alle untersuchten DAX-Werte hinweg 2009 auf rund 1,11 Mio EUR gestiegen, was gegenüber 2008 einem Zuwachs von 10% entspricht. Über die letzten fünf Jahre haben sich die durchschnittlichen Grundvergütungen um ca. 3,77% pro Jahr erhöht. Bei der Jahreserfolgsvergütung liegt der Durchschnittswert nunmehr bei 1,61 Mio EUR (+3%) und bei der variablen Langfristvergütung bei 922.000 EUR (+27%). Den angeführten Werten liegen zum Teil sehr unterschiedliche Geschäftsentwicklungen zugrunde, wenngleich sich Erholungstendenzen im Markt abzeichnen. So ist das Ergebnis pro Aktie im DAX-Durchschnitt nochmals um rund 39% gesunken, während die Aktionärsrendite bereits wieder um rund 41% gestiegen ist. Im Vorjahr wiesen beide Kennzahlen mit -59% bzw. -41% noch im Gleichklang stark negative Entwicklungen auf. Entsprechend deutlich, jeweils um ein Fünftel, waren 2008 die Direktvergütungen für Vorstandsvorsitzende und Ordentliche Vorstandsmitglieder gefallen.
Verlässlicher Vergleich bei DAX-Vorstandsvorsitzenden mit zwei vollen Dienstjahren
Bedingt durch Veränderungen in der Index-Zusammensetzung und personelle Wechsel geben die genannten Werte nur ein eingeschränkt belastbares Bild wieder. Aussagekräftiger ist der Vergleich der Vergütung jener Konzernlenker im DAX, die 2008 und 2009 ganzjährig im Amt waren. In dieser aus 24 Personen bestehenden Vergleichsgruppe ist die durchschnittliche Direktvergütung nur um rund 1% auf 3,94 Mio. EUR gestiegen. Angesichts eines Anstiegs der Grundvergütung um 4% und einer sinkenden Jahreserfolgsvergütung von -9% resultieren die Veränderungen in den Gesamtbezügen vor allem aus der deutlich gestiegenen Langfristvariablen um +16% auf durchschnittlich 1,08 Mio EUR.
Vergütung deutlich unter internationalem Niveau
Mit dieser Entwicklung bei den Vergütungshöhen bewegen sich DAX-Vergütungen noch immer deutlich unter europäischen Vergleichswerten. So verzeichnen die CEOs der im Dow Jones STOXX 50 gelisteten Unternehmen nach einem Rückgang von -34% für 2008 aktuell einen Anstieg ihrer Direktvergütung um 19% auf nunmehr durchschnittlich 5,33 Mio EUR - und liegen damit ein Drittel über den DAX-Vergleichswerten. Überraschend deutlich fallen dagegen die Direktvergütungen für die CEOs in den führenden US-Unternehmen (Dow Jones Industrial). Im Krisenjahr 2009 sind hier die Bezüge auf durchschnittlich rund 13,5 Mio $ gesunken, was einem Rückgang von -29% entspricht. Im Krisenjahr 2008 war noch ein Vergütungsrückgang lediglich im unteren einstelligen Prozentbereich zu verzeichnen. Die aktuellen absoluten Vergütungshöhen liegen aber noch immer sehr deutlich über dem Vergütungsniveau der DAX-Vorstandsvorsitzenden.
Neue gesetzliche und regulatorische Vorschriften zur Vorstandsvergütung wirken
Vor dem Hintergrund der Krisensituation haben Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden die Anforderungen zur Vorstandsvergütung deutlich verschärft. In Deutschland zielen die Vorgaben dabei insbesondere auf die Überprüfung der Angemessenheit, die Orientierung am nachhaltigen und langfristigen Unternehmenserfolg, die stärkere Berücksichtigung der individuellen Leistung (bei Banken auch nicht-finanzieller Art), die Möglichkeit der Abstimmung der Eigentümer zu Vergütungsfragen auf der Hauptversammlung, die verpflichtende Einführung des Selbstbehalts bei D&O-Versicherungen sowie die Erleichterung der Herabsetzung der Vergütung bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Die maßgeblichen Regelungen wurden größtenteils im zweiten Halbjahr 2009 verabschiedet bzw. wirksam. Ungeachtet dieser kurzen Frist sind drei Viertel der Unternehmen derzeit mit der vorgabenkonformen Umstellung ihrer Vergütungssysteme für das Top-Management befasst oder haben diese bereits entsprechend vorgenommen. Die Umgestaltungen erstrecken sich dabei nicht nur auf die verpflichtende Umstellung von Neuverträgen, sondern auch auf die freiwillige Umstellung bestehender Verträge. "Vor dem Hintergrund der Krise folgen die Unternehmen freiwillig und deutlich den neuen gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben. Allerdings werden deren Auswirkungen aufgrund der Kürze der Fristen erst im laufenden Geschäftsjahr bzw. den anstehenden Hauptversammlungen vollumfänglich ersichtlich", ist Towers Watson-Experte Michael H. Kramarsch überzeugt. Seiner Meinung nach taugen die gegenwärtigen Regelungen sehr wohl als funktionsfähige Leitplanken für die sichere und effektive Ausgestaltung der Vergütungssysteme. Es sei entscheidend, dass Anreizsysteme für das Top-Management nicht manipulierbar seien, keine Interessenskonflikte auslösten, nicht übermäßig risikoorientiert seien und sich am langfristigen Unternehmenserfolg orientierten. Doch er warnt auch: "Regulatorik darf nicht zum Korsett werden, das unternehmerischen Spielraum einschränkt. Gerade die Verlagerung der Entscheidung in das Aufsichtsratsplenum und die Einbeziehung der Eigentümer durch die Abstimmung auf der Hauptversammlung muss erst eingeübt werden."
Renaissance der Aktie in der Steuerung und Vergütung des Top-Managements
Angesichts der grundlegenden regulatorischen Intentionen gewinnen Aktien wieder an Bedeutung in der Entlohnung und Steuerung von Vorständen und Top-Führungskräften. Ausdruck dafür ist die Implementierung so genannter Stock Ownership Guidelines. Diese verpflichten das Top-Management zum Erwerb und Halten von Aktien des eigenen Unternehmens - auch über die Dauer der Betriebszugehörigkeit hinaus. Der Anteil ist dabei nach Hierarchiestufen unterschiedlich, aber stets signifikant. Laut der Studie haben mit Bayer, Daimler, Deutsche Bank und Siemens bereits vier DAX-Unternehmen entsprechende Regelungen für ihr Top-Management eingeführt, weitere befinden sich im Planungs- und Implementierungsprozess oder haben Anforderungen an ein Eigeninvestment in Aktien als Voraussetzung zur Teilnahme der Langfristvergütung. "Der Charme des verpflichtenden Aktienbesitzes ist die Rückbesinnung auf den Eigentümergedanken im Management. Das prägt den Charakter von Entscheidungen und regelt beispielsweise Haftungsfragen auf eine pragmatische Weise", erläutert Towers Watson-Experte Joachim Kayser "Fehler schlagen sich direkt im Eigentum einer Führungskraft nieder. Das wirkt!"
Originaltext: Towers Watson Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/79465 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_79465.rss2
Pressekontakt: Thomas Müller: Tel. (069) 1505-5118, E-Mail: thomas.mueller@towerswatson.com Ulrike Lerchner-Arnold: Tel. (0611) 794-218, E-Mail: ulrike.lerchner-arnold @towerswatson.com
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