Westdeutsche Zeitung: Gestiegene Arbeitskosten = von Martin Vogler
Geschrieben am 30-03-2010 |
Düsseldorf (ots) - In Bulgarien müssen Unternehmen für eine Arbeitsstunde weniger als ein Zehntel dessen zahlen, was bei uns fällig ist. Auch die geografisch viel näheren Tschechen und Polen produzieren deutlich billiger. Wir hören das und bangen sofort um unsere Arbeitsplätze, zumal wir hören, dass die deutschen Arbeitskosten aktuell gestiegen sind. Müssen wir Angst haben? Eher nicht - wenn wir klug handeln. Denn die Zahlen klingen bedrohlicher als sie sind. So machte schon manches Unternehmen die bittere Erfahrung, dass die Auslagerung der Produktion zwar vordergründig zu Ersparnissen führt. Der Effekt verliert sich jedoch rasch, wenn man höhere Transportkosten und geringere Produktivität gegenrechnet. Besonders unangenehm wird es, falls die Qualität im Billigland nicht stimmt. Das kostet Geld - und vor allem das eigentlich unbezahlbare Vertrauen der Kundschaft. In Maßen beruhigend ist auch der Blick auf die Gründe der Steigerung der Arbeitskosten. Da Sondereffekte wegen der Kurzarbeit eine wichtige Rolle spielen, wird sich die Kurve nämlich abflachen. Wichtiger noch: In vielen Staaten Westeuropas liegen die Kosten sogar etwas höher als bei uns. Wenn also zum Beispiel ein Arbeitgeber auf die Idee käme, seine Produktion von Deutschland nach Belgien zu verlegen, müsste er mit rund 15 Prozent höheren Ausgaben rechnen. Der Platz im Mittelfeld der Kosten-Tabelle hilft also, bei uns Arbeitsplätze zu sichern. Zu verdanken ist das weitgehend den Arbeitnehmern selbst und deren Gewerkschaften, die sich in den vergangenen Jahren zumeist auf maßvolle Lohnerhöhungen einließen. Wobei diese Zurückhaltung kein Allheilmittel für die Zukunft sein kann. Denn Deutschland will und kann kein Land der Dumpinglöhne werden. Der bessere Weg: Wir besinnen uns auf unsere traditionellen Stärken, etwa als Denkfabrik, die ihr Know-how exportiert. Das bedeutet, dass wir viel in Bildung investieren und stets Bereitschaft zeigen sollten, auch unkonventionelle Wege zu gehen. Und sogar, wenn ein Unternehmen die Produktion ins Ausland verlagert, sollten wir bedenken: Das ist im Vergleich zur kompletten Schließung immer noch das geringere Übel. Denn wichtige Arbeitsplätze bleiben im Land.
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