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Berliner Morgenpost: Zwischen Hoffnung und Hiobsbotschaft (Leitartikel)

Geschrieben am 31-03-2010

Berlin (ots) - Minus 0,7 Prozent Wirtschaftsleistung sind nicht
schön. Aber dafür, dass die Welt die größte Krise seit acht Dekaden
durchlebt, ist Berlin geradezu geschmeidig durch das Krisenjahr 2009
gerutscht. Mitten im unsicheren Jahr 2010 liegt die Arbeitslosigkeit
in der Hauptstadt im März so niedrig wie seit 1996 nicht mehr.
Die Unkenrufe der sogenannten Wirtschaftsexperten haben sich zum
Glück bisher nicht bewahrheitet, weder für die Hauptstadtregion noch
für Deutschland insgesamt. Von den als Folge der Krise vorhergesagten
fünf Millionen Menschen ohne Job ist das Land weit entfernt. In
Berlin haben sogar 13000 Menschen mehr einen
sozialversicherungspflichtigen Job als von einem Jahr. Die im
bundesdeutschen Vergleich wirtschaftlich immer noch abgehängte
Metropole hat in der Krise den Abstand zu den starken Regionen
verkürzt. Manchmal hilft es, nicht zu sehr vom Export abhängig zu
sein. Baden-Württemberg erlebte 2009 einen wirtschaftlichen Einbruch
von mehr als sieben Prozent.
Zuletzt waren es in Berlin einige eher kleine Entscheidungen, die die
Hoffnung wecken, der positive Trend möge sich fortsetzen. Dabei geht
es nicht nur um die ohnehin dynamischen Kreativunternehmen. Siemens
baut ein Logistikzentrum für Turbinenteile südlich der Stadt. Ein
Areal in Marzahn wird mit Fördergeld zum Produktionszentrum für
Solarzellen hergerichtet. Daimler entwickelt und produziert in
Marienfelde Elektromotoren einer neuen Generation. All das sind
Bausteine, um die lange totgesagte Industrie in der Region wieder zu
beleben. Wenn nun der Senat und der Regierende Bürgermeister das
produzierende Gewerbe wieder als wichtiges Rückgrat der
Stadtwirtschaft wahrnimmt, kann das nicht schaden.
Dass das Pflänzchen des Aufschwungs in der Stadt aber sensibel ist,
zeigen Daimlers Überlegungen, zentrale Konzernbereiche mit fast 2000
Leuten vom Potsdamer Platz nach Stuttgart zu verlegen. Der Standort
Berlin leidet darunter, dass hier keine Konzernspitzen sitzen.
Niemand wird in Sindelfingen dagegen demonstrieren, wenn Berliner
Jobs verlegt werden.
Ein Rückzug der Daimler-Vertriebsleute und der Finanzexperten wäre
ein herber Rückschlag für die Stadt. Die letzten, inzwischen schon
Jahre zurückliegenden Hiobsbotschaften von Arbeitsplatzverlusten
betrafen eher weniger komplexe Tätigkeiten wie das Zusammenschrauben
von Röhrenfernsehern. Wirtschaftsförderer behaupten inzwischen zwar
gerne, die Stadt sei so attraktiv, dass kein Konzern mit gut
ausgebildeten, urban orientierten Mitarbeitern an Berlin vorbeikomme.
Geht hingegen Daimler, stünde nicht nur ein großer Teil des Potsdamer
Platzes leer - auch der Ruf der Stadt als attraktiver Standort gerade
für qualifizierte Tätigkeiten wäre lädiert.
Die Drohung der Autobauer macht deutlich, dass Berlin seine
wirtschaftliche Gesundung nur fortsetzen kann, wenn es auf seine
eigenen Potenziale setzt. Das sind die vielen Gründer, die kleinen
innovativen Firmen und seine klugen Forscher. Für sie muss der Senat
die Bedingungen weiter verbessern.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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