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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Kurzarbeit:

Geschrieben am 18-04-2010

Bielefeld (ots) - »Ich kann das ganze Krisengerede nicht mehr
hören.« Das sagte kürzlich der Leiter eines Bielefelder Autohauses.
Er hat damit vielen Menschen aus dem Herzen gesprochen. Die Bürger
wissen längst, dass die Lage kritisch ist - für die Wirtschaft, in
vielen Fällen aber auch für sie selbst. Es liegt in der Natur des
Menschen, unangenehme Dinge irgendwann einmal ausblenden zu wollen.
Doch die seit etwa eineinhalb Jahren andauernde Krise ist noch nicht
endgültig ausgestanden, auch wenn mehr und mehr Experten betonen, die
Talsohle sei durchschritten. Tatsächlich atmen viele Unternehmer nach
den Umsatz- und Gewinneinbrüchen vergangener Monate in diesen Tagen
wieder auf: Einer Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger
zufolge sehen 57 Prozent von 800 befragten Vorständen und
Geschäftsführern den Tiefpunkt überwunden. Drei von vier Befragten
glauben zudem, dass sie bis 2012 wieder das gleiche Umsatzniveau
erreichen, das sie vor der Krise hatten. Eine gute Nachricht!
Und doch will die Bundesregierung die Kurzarbeiterregelung, die Ende
des Jahres ausgelaufen wäre, nun sogar bis März 2012 verlängern. Es
ist ein verhältnismäßig langer Zeitraum. Traut die Regierung ihren
eigenen zuversichtlichen Prognosen nicht?
Wirtschaftspolitisch geht die Krise damit weiter. Der Staat hält es
für sinnvoll, mit Milliardenhilfen Konjunktur und Beschäftigung zu
stützen. Dabei hat die Kurzarbeit zuletzt unbestritten Wichtiges
geleistet: Sie hat zusammen mit einer moderaten Lohnpolitik der
Gewerkschaften das deutsche Jobsicherungswunder erst ermöglicht.
Tausenden Arbeitskräften blieb trotz der miserablen Auftragslage
ihrer Arbeitgeber der Gang zur Arbeitsagentur erspart. Sie behielten
ihre Stelle, wenn auch zu deutlich geringen Bezügen. Das
Schreckgespenst von fünf Millionen Arbeitslosen wurde erfolgreich
vertrieben. Heute wird mit »nur« noch 3,4 Millionen Arbeitslosen für
dieses Jahr gerechnet.
Natürlich gibt es die Kurzarbeiterregelung nicht umsonst. Allein die
bis März 2012 vorgesehene Verlängerung führt zu zusätzlichen Kosten
von geschätzt 800 Millionen Euro. Das (Steuer-)Geld ist aber auch in
Zeiten einer Rekordverschuldung nicht schlecht angelegt und dürfte
weitaus effektiver sein als die derzeit von der FDP geforderten 16
Milliarden Euro Steuerentlastungen für die Arbeitnehmer, die erst im
Jahr 2012 zu erwarten sind.
Die Kurzarbeiterregelung dient Arbeitgebern und Arbeitnehmern
gleichermaßen. Doch sie muss eine Ausnahme bleiben. Auch wenn es
künftig nicht so steil bergauf gehen dürfte, wie es bergab gegangen
ist, so darf der Staat sein Krisenmanagement nicht überziehen. Für
ein gesundes Funktionieren der Märkte sind Subventionen Gift. Es
gilt, einen Mittelweg zu finden zwischen Sparen und Intervention,
zwischen Schuldenabbau und Konsum fördern.
Irgendwann müssen wir die Krise hinter uns lassen. Die Wirtschaft hat
die ersten Schritte bereits getan. Über kurz oder lang muss ihr auch
der Staat folgen.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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