Lausitzer Rundschau: Zu politische Sommerpause/Rückkehr/Merkel: Merkel moderiert
Geschrieben am 21-08-2006 |
Cottbus (ots) - Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu politische Sommerpause/Rückkehr/Merkel:
Angela Merkel bleibt sich treu. In ihrer Regierungsklärung vor neun Monaten hatte die Bundeskanzlerin eine Politik der kleinen Schritte angekündigt. Und seit dem ersten großen Presseauftritt nach ihrem Sommerurlaub gestern in Berlin deutet nichts darauf hin, dass sich daran etwas ändern könnte. Wer auch nur den Hauch einer spektakulären Ankündigung oder gar eine Botschaft erwartet hatte, wurde eines Schlechteren belehrt. Weiter so Deutschland, weiter so große Koalition, lautet Merkels Devise. Ein heikles Unterfangen. Natürlich muss die Kanzlerin schon von Berufs wegen Gelassenheit ausstrahlen. Dass sie daran offenbar auch mit innerer Grundüberzeugung festhält, ist allerdings erstaunlich. Die schwarz-rote Koalition erweckt derzeit nicht gerade den Eindruck eines gedeihlichen Zusammenwirkens. In der Union überschlugen sich in den vergangenen Wochen die Ideen für weitere soziale Einschnitte. Mal betrafen sie die Witwen, ein anderes Mal die Bausparer, ein weiteres Mal waren die Kinder arbeitsloser Eltern dran. Verglichen damit hat die SPD in letzter Zeit eine geradezu beispielhafte Disziplin an den Tag gelegt, wenn man von den urlaubsreifen Irritationen eines Peer Steinbrück einmal absieht. Weder Profilierungsdrang noch beredtes Schweigen konnten freilich das Übel beseitigen: Im Ansehen der Wähler sind Schwarz und Rot gleichermaßen dort angelangt, wo Rot-Grün aufgehört hatte. Und Angela Merkel? Sie ließ die Dinge einfach treiben. Selbst als die Debatte über Deutschlands Beitrag zu einer Friedensmission im Nahen Osten an Fahrt gewann, durfte die Nation über die Haltung der Kanzlerin rätseln. Politische Führungskraft sieht anders aus. Bleibt auf der Haben-Seite die überraschend gute Wirtschaftskonjunktur. Hier war Merkel jetzt so ehrlich, als zentrale Ursache die positiven Auswirkungen der einst hoch umstrittenen Agenda 2010 ihres Amtsvorgängers Gerhard Schröder anzuführen. Das hat dem sozialdemokratischen Koalitionspartner zweifellos gut getan. In der Union dürfte jedoch die Nervosität über diese Kanzlerin nicht kleiner geworden sein. Zumal der ökonomische Aufschwung ein scheues Reh sein kann. Schon in wenigen Monaten tritt die erhöhte Mehrwertsteuer in Kraft und die Halbierung des Sparerfreibetrages und die Beschneidung der Pendlerpauschale. Außerdem muss sich der Bürger auf eine Gesundheitsreform einstellen, die viele Umsetzungsschwierigkeiten birgt. Nur eines ist sicher: Die Kassenbeiträge steigen schon ab 2007. Ob die Kanzlerin dann immer noch so gelassen wirkt wie gestern? Ihr bleibt keine andere Wahl. Die beste Rückversicherung für ihre Kanzlerschaft ist die große Koalition. Schon deshalb wird Merkel auch künftig mehr moderieren als regieren. Noch ist allerdings ungeklärt, ob Union und SPD tatsächlich auf den gemeinsamen Erfolg der großen Koalition setzen, um 2009 getrennte Wahlkampfwege zu gehen. Oder ob die jeweilige Parteitaktik darin gipfelt, die große Koalition vorzeitig zu Fall zu bringen, auf dass der Wähler sein Kreuzchen bei dem macht, der die Stolpersteine dafür ins Rollen brachte. Angela Merkel selbst hat es nicht wirklich in der Hand, diese Frage zu ihren Gunsten zu entscheiden. Die Akteure heißen Beck, Koch und Rüttgers.
Originaltext: Lausitzer Rundschau Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=47069 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_47069.rss2
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