Berliner Morgenpost: Zu schade, um nur Maskottchen zu sein
Geschrieben am 27-04-2010 |
Berlin (ots) - Sie spricht darüber, wie sie mit größter Selbstverständlichkeit sowohl den christlichen Religionsunterricht auf dem Gymnasium besucht hat als auch islamische Feiertage begeht. So hält es auch ihr Sohn: Er beherrscht Türkisch und Deutsch perfekt, er schätzt Weihnachten ebenso wie das Opferfest. Aygün Özkan, die sich heute mit der Eidesformel "So wahr mir Gott helfe" zur Ministerin in Niedersachsen vereidigen ließ, versteht den Unmut von Anwohnern beim Bau von Moscheen, glaubt aber, wenn man sie genügend einbezieht, müssten sich da Verhandlungslösungen finden lassen wie für andere Gotteshäuser auch. Sie ist gegen Parallelgesellschaften in städtischen Gettos und wird wütend, wenn türkische Jugendliche die Angebote nicht annehmen, die man ihnen macht. Sie findet, vermutlich als gute Kemalistin, dass Kopftücher nichts in der Schule verloren haben. Mit anderen Worten: Sie legt exakt die Haltung an den Tag, die man sich in einer christlichen Partei für seine Migrationspolitiker nur wünschen kann. Und die Frage nach den Kruzifixen? Özkan antwortet konsequent laizistisch: Wo die Kopftücher keinen Platz haben, haben die Kreuze auch keinen. Das Grundgesetz geht im Prinzip davon aus, dass die Religion (nicht nur das Christentum) eine positive Wirkung auf das Leben der Gemeinschaft hat. Trotzdem hat das "Kruzifix-Urteil" von 1995 erklärt, dass die Anbringung eines Kruzifixes dort, wo der Einzelne nicht ausweichen kann, in "Unterrichtsräumen einer staatlichen Pflichtschule gegen den Artikel4 Absatz 1 des Grundgesetzes verstößt". Frau Özkan befindet sich also in schönster Eintracht mit dem Bundesverfassungsgericht. Özkans Kritiker haben recht: Im CDU-Parteiprogramm steht etwas anderes. Aber Özkan wird nicht CDU-Generalsekretärin, sondern Ministerin in Niedersachsen. Es zeigt sich immer wieder, dass es der CDU als letzter verbliebener Volkspartei mit natürlich gefühlter Regierungslegitimation nicht ganz leichtfällt, Partei- und Staatsämter auseinanderzuhalten. Aber die weltanschauliche Neutralität gehört für den Staat der Bundesrepublik ebenso zum guten Ton wie die religiöse. Alle heben dabei hervor, wie prima es sei, dass man Frau Özkan habe. Mit anderen Worten: als Maskottchen gern genommen, als Sparringspartner noch nicht so recht. Doch so geht das nicht. Es spricht gerade für die CDU, dass sie die einzige Partei ist, in der es ernsthafte Debatten zum Thema Integration gibt. Die SPD hat offenbar keinen Gesprächsbedarf mehr, für die Linken gibt es ohnehin nur eine Klassenfrage. Einzig die FDP hat sich hinter Frau Özkan gestellt: eine der wenigen Erinnerungen an die Bürgerrechtspartei früherer Zeiten. Wie wirbt man unter Muslimen für die Gleichberechtigung von Mann und Frau? Wie bekommt man die muslimischen Mädchen zu den Klassenfahrten und die Jungen von der Straße in die Ausbildungsbetriebe? Frau Özkan bringt beste Voraussetzungen mit, diese Themen angstfrei anzugehen. Das ist ihre Aufgabe, nicht die Proklamation des CDU-Parteiprogramms.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
Pressekontakt: Berliner Morgenpost Telefon: 030/2591-73650 bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
264996
weitere Artikel:
- FZ: Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (Mittwochausgabe) zum Thema Offshore-Windpark/Energie Fulda (ots) - Es kann der Beginn einer neuen Ära in der ökologischen Energieerzeugung werden. Der Offshore-Energiepark Alpha Ventus vor der Küste Borkums eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten, um die Abhängigkeit von den fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Kohle zu reduzieren und die Umweltbilanz zu verbessern. Er ist auch ein Beispiel dafür, dass man mit regenerativer Energie Geld verdienen kann. Die großen Stromerzeuger haben die Windenergie für sich entdeckt. Es herrscht Goldgräberstimmung. Möglich macht dies das Erneuerbare-Energien-Gesetz, mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Verkehr / Luftverkehr / Vulkanausbruch Osnabrück (ots) - Lehren aus dem Asche-Chaos Die Aschewolke ist fort, der Milliarden-Schaden für die betroffenen Wirtschaftsbereiche bleibt. Jetzt müssen Lehren aus dem Chaos gezogen werden. Deshalb ist es richtig, dass die EU weitreichende Reformen anmahnt, die mittlerweile auch der deutsche Verkehrsminister Ramsauer als notwendig erachtet. Offensichtlich setzt sich die Erkenntnis durch, dass das Krisenmanagement nicht gerade vorbildlich verlief. Was Airlines durch Probeflüge früh belegen konnten, bestätigten später auch seriöse mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Verkehr / Fernverkehr / Bus / VDA Osnabrück (ots) - Nicht bahnbrechend Es ist nur ein kleiner Satz im Koalitionsvertrag - aber er könnte ein Riesenschritt für die Verbraucher sein. "Wir werden Busfernlinienverkehr zulassen", heißt es im schwarz-gelben Vertragswerk. Der genervte Vielfahrer, der die Bahn samt ihren Verspätungen und gepfefferten Preisen so manches Mal zum Teufel schicken möchte, schöpft angesichts dieser Meldung Hoffnung. Konkurrenz für die Bahn - das könnte ja auch Wahlfreiheit beim Reisegefährt sowie sinkende Preise bedeuten! Schön wäre das - realistisch mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Nordrhein-Westfalen / Landtagswahl / Fernsehdebatte Osnabrück (ots) - Politkrimi in NRW Dass sowohl CDU als auch SPD den Sieg im TV-Duell zwischen Jürgen Rüttgers und Hannelore Kraft für sich reklamieren, gehört zum Ritual. Die Wende in NRW brachte die Debatte gewiss nicht. Dafür war sie zu sachlich und zu ausgeglichen. Erstaunlich, dass sich der Regierungschef häufig angriffslustiger als die Oppositionsführerin zeigte. Aber Rüttgers konnte so von den vielen Pannen in seinem Apparat ablenken, die den CDU-Wahlkampf in jüngster Zeit belastet hatten. Für Kraft war dies die Chance, mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Landtag / Regierung / Özkan Osnabrück (ots) - Chance und Risiko Als Christian Wulff vor einer Woche sein runderneuertes Kabinett präsentierte, herrschte eitel Sonnenschein. Jetzt, bei der Vereidigung des Ministerquartetts, verdüsterte der unbedachte "Kreuzzug" von Aygül Özkan ein wenig das Bild. Zweifellos ist die Verpflichtung der türkischstämmigen Sozialministerin ein gelungener Schachzug. Özkan könnte nicht nur die immer wichtiger werdende Gruppe der Migranten verstärkt an die Christdemokraten binden, sondern auch - zum Ruhme Wulffs - bundesweit Furore machen. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|