Neue Westfälische: Neue Westfälische Bielefeld: Brechmittel-Urteil Schande für den Rechtsstaat ECKHARD STENGEL, BREMEN
Geschrieben am 29-04-2010 |
Bielefeld (ots) - Man stelle sich vor, ein Gefängniskrankenhaus beauftragt einen Internisten damit, einem Häftling den Blinddarm wegzuoperieren. Der Arzt, obwohl heillos überfordert, geht ohne Widerspruch ans Werk. Am Ende ist der Patient tot. Kämen da der Internist und die Kliniksleitung ungestraft davon? Wohl kaum. Für jenen Bremer Polizeiauftragsarzt, der 2004 einen Kokain-Kleindealer mit Brechmitteln und Wasser geradezu ertränkte, für ihn sollten zunächst andere Maßstäbe gelten: Er sei halt überfordert gewesen, meinte das Landgericht Bremen - na und? Freispruch! Ein Glück, dass sich jetzt die Hinterbliebenen als Nebenkläger vor dem Bundesgerichtshof durchgesetzt haben. Eigentlich wäre es ohnehin auch die Sache der Staatsanwaltschaft gewesen, sich für eine Verurteilung des Arztes zu engagieren. Überhaupt ist die jahrelang in vielen Bundesländern angewandte Brechmittelvergabe eine Schande für den Rechtsstaat. Es musste erst Tote geben und der Europäische Menschenrechtshof eingreifen, bevor die Innenbehörden verstanden: Die Bekämpfung von Kleindealern rechtfertigt nicht jedes Mittel.
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