Berliner Morgenpost: Deutschlands Erfolg hängt von Europa ab
Geschrieben am 29-04-2010 |
Berlin (ots) - Lesen Sie nicht weiter: Das hier wird Sie langweilen. Das hier wird nämlich ein Europa-Kommentar, und Europa langweilt Sie eigentlich schon immer. Sie freuen sich zwar, dass Sie seit Jahren nicht mehr darüber nachdenken müssen, ob Sie auch genügend Peseten oder Lira oder Drachmen im Portemonnaie haben, wenn Sie Ihre Urlaubskoffer packen. Aber vielleicht vermissen Sie auch die Zeiten, als man stundenlang am Frühstückstisch darüber sinnieren konnte, ob man seine Urlaubsmark lieber in der Wechselstube am Flughafen von Palma in die Landeswährung mit den hübschen Scheinen tauscht oder bei der Sparkasse um die Ecke. War doch nett. Wie Sonnenmilch kaufen. Wenn man sich überhaupt noch an diese Zeiten erinnern kann. Denn Euro spendende Geldautomaten am Strand sind für uns doch inzwischen so selbstverständlich wie Bier in Dosen. Kann man uns also schockieren mit der Befürchtung: Das alles könnte auch zusammenbrechen? Der Euro und die Bankomaten am Strand? Versteht man die Katastrophengesichter, mit denen unsere Kanzlerin und die Herren Brüderle, Schäuble und Steinmeier vor die Kamera treten und besorgt etwas von Krise in die Mikrofone raunen? Um dann unser sauer bezahltes Steuergeld in dieses Dauerurlaubsinselreich zu pumpen, wo die Menschen scheinbar die ganze Nacht Party machen, um sich dann nach der ersten Halbzeit des Arbeitslebens in den Ruhestand zu verabschieden? "Griechenland sollte aus der Euro-Zone ausgeschlossen werden" - 45 Prozent der Deutschen finden das richtig, sagt eine Umfrage. Würden Sie diesem Land Geld leihen? 57 Prozent der Deutschen halten das laut einer anderen Umfrage für falsch. Aber: Würden Sie es gut finden, wenn die wirtschaftliche Zukunft Ihres Arbeitgebers - und Ihres Arbeitsplatzes - wieder von spekulierenden Finanzjongleuren abhängt? Oder wenn Ihre Firma ihre Produkte nicht mehr ans Ausland verkaufen kann, weil die Menschen dort sich unsere teuren Autos, Kühlschränke, Arzneimittel nicht mehr leisten können? Denn genau das könnte uns blühen, wenn sie zusammenbricht, die langweilige Euro-Zone. Wer diese Fragen allerdings mit einem empörten "Natürlich nicht!" beantwortet, der sollte sich vielleicht doch wieder für das Thema Europa und Euro interessieren. Und damit auch für das Schuldenproblem Griechenlands. Die Stabilität des Euro-Raums ist nichts anderes als die Lebensversicherung der deutschen Wirtschaft. Der Erfolg von made in Germany - und damit der Erfolg und die Zukunft unserer Arbeit - hängt von fast nichts so sehr ab wie vom Funktionieren des europäischen Binnenmarktes. Gestandene Staatsmänner wie Helmut Schmidt und Helmut Kohl haben das gewusst. Die Politik hat deshalb allen Grund, die Krise in der Sonnenzone Europas so ernst zu nehmen, wie der Bundespräsident es heute getan hat. Dazu gehört die Kontrolle der Finanzmärkte, die Köhler angemahnt hat. Aber dazu gehört eben auch eine klare, sachlich geplante und langfristig ausgelegte Hilfe für Griechenland. Wir alle sollten uns dafür interessieren, was in Europa und mit dem Euro passiert. Nicht wegen der Geldautomaten am Strand. Sondern wegen unserer wirtschaftlichen Zukunft zu Hause.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
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