WAZ: Rüttgers und die CDU
- Kommentar von Ulrich Reitz
Geschrieben am 22-08-2006 |
Essen (ots) - Vielleicht wird Jürgen Rüttgers von etlichen Leuten in seiner Partei auch nur missverstanden. Was, wenn es ihm gar nicht um die Union und deren programmatische Zukunft ginge, sondern um die SPD und deren lang anhaltende Zukunft in der Opposition in Nordrhein- Westfalen?
Denn eins muss man dem NRW-Premier lassen: Von Marketing versteht er wirklich was. Mit ein, zwei Zitaten hat er geschafft, wovon andere träumen: bekannt zu sein, gar mit einem inhaltlichen Profil verbunden zu werden. Politisch profilieren kann man sich nur in der Kontroverse. Hätte in der Union niemand auf Rüttgers Thesen, die im übrigen bei Lichte besehen reichlich banal sind, reagiert, wäre nichts passiert. So aber, durch den diffusen, aber deutlich wahrnehmbaren Widerspruch, sogar von Merkel selbst, hat Rüttgers erreicht, worauf sein derzeitiger Kontrahent in der SPD, Dieckmann, schon länger vergebens wartet.
Rüttgers Ziel ist dabei klar: stilistisch sucht er die Spur von Johannes Rau, programmatisch will er über seine Sozialstaatsthesen der SPD den Boden entziehen. (Dass er im Land dann mehr oder weniger liberal regiert, ist dabei dann der eigentliche Clou.) Jedenfalls: Kommt denn nicht Rüttgers tatsächlich am Ende wesentlich sozialdemokratischer über die Rampe als, sagen wir: Clement oder Steinbrück?
Bei all dem geht Rüttgers ein geringes Risiko ein. Denn er bewegt sich in der Kontinuität der Geschichte seiner Partei in Nordrhein- Westfalen. Der erste (frei gewählte) Ministerpräsident Karl Arnold von der CDU wollte aus Nordrhein-Westfalen das soziale Gewissen der Republik machen, und die Verfechter der christlichen Soziallehre hatten noch stets ihre stärksten Bataillone eben hier. Liberal im Sinne von wirtschaftsliberal war die CDU kaum je deutschlandweit, schon gar nicht aber in Nordrhein-Westfalen. Vor allem war sie katholisch wie in der Weimarer Republik das Zentrum, so katholisch wie der Geburtskölner Rüttgers eben. Und wenn der sagt, er sei der Chef der größten Arbeiter-Partei im Land, dann regt das vielleicht im Sauerland so jemanden auf wie Friedrich Merz, aber anderswo versteht man eine derartige Äußerung als Anknüpfen an den Wurzeln der Union, die sich immerhin 1946 im westfälischen Ahlen schon mal ein quasi-sozialdemokratisches Programm gab.
Bei aller rechts-links-Debatte: Rüttgers ist dabei, die Union nicht nur sozial, sondern auch grün zu positionieren. Damit trifft er ein in bürgerlichen Kreisen und darüber hinaus weit verbreitetes Lebensgefühl.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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