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WAZ: Zwischen Basta und Diplomatie - Merkel steht für Europa in der Verantwortung. Leitartikel von Thomas Wels

Geschrieben am 19-05-2010

Essen (ots) - Angela Merkel, so viel ist seit zwei Wochen klar,
steht vor den schwersten Monaten ihrer Regierungszeit. Die
titanenhafte Aufgabe ist kurz beschrieben: den Euro retten, den
Spekulationssumpf austrocknen, die innenpolitische Krise der
schwarz-gelben Regierungskoalition beenden und die zunehmenden
Angriffe der Parteifreunde in Gestalt der Ministerpräsidenten Koch
und Mappus abwehren.

Das alles erfordert mehr Führungskraft als Merkel bisher bewiesen
hat. Ihre Stärke war lange Zeit die Moderation, nicht das Hau-Ruck.
Das hat Merkel nach der verlorenen NRW-Wahl viel Kritik eingetragen.
Zu Recht. Schließlich hat sich diese Regierung in den
Stillhalte-Modus begeben, hat finanzpolitische Wahrheiten
verschwiegen und schlimmer noch: Sie hat am Wahl-Wochenende
zugelassen, dass mit dem 750 Milliarden Euro schweren
Euro-Rettungspaket die Grundfesten der Währungsunion geschliffen
wurden. Jetzt ist Nacharbeiten angesagt. Die gestrige
Regierungserklärung und die Beschlüsse zur Transaktionssteuer und dem
deutschen Alleingang beim Verbot der spekulativen Leerverkäufe
markieren eine Zäsur. Innenpolitisch hat sie sich Luft verschafft,
indem sie der SPD, aber auch einer wachsenden Zahl von Unionsleuten
mit der Steuer auf Finanzprodukte entgegen kam. Ein Hauch von Großer
Koalition weht durch Berlin.

Während Merkel innenpolitisch eine Getriebene ist - eine
Abstimmungspleite im Bundestag zum Euro-Rettungspaket hätte wohl eine
veritable Regierungkrise ausgelöst -, hat sie in Sachen Euro einen
bemerkenswerten Alleingang gestartet. Das Verbot ungedeckter
Leerverkäufe, also von Geschäften mit Finanzprodukten ohne
realwirtschaftliche Basis, hat die Märkte und die Franzosen in helle
Aufregung versetzt. Das muss nicht weiter schlimm sein, bestimmt
aber in jedem Fall das Pflichtenheft der Kanzlerin in den kommenden
Wochen. Sie muss Europa in der Frage der Finanzmarktregulierung
zusammen moderieren. Mit einer Zersplitterung des europäischen
Finanzmarktes ist niemandem gedient.

Wenn sich Deutschland als größte Volkswirtschaft in Europa an die
Spitze der Bewegung setzt, übernimmt es eine große Verantwortung. Die
liegt nicht allein in der längst überfälligen Zähmung der monströsen
Summen, die völlig losgelöst von Produktion und echten Werten um die
Welt vagabundieren. Merkel muss glaubhaft die Schuldenkrise
bekämpfen. Denn die ist es, die die Spekulanten erst zu Tische
bittet. Im Moment bekämpft Europa Schulden mit neuen Schulden.
Dagegen helfen keine Verbote. In Brüssel steht die Kanzlerin an der
Front, in Berlin mit dem Rücken an der Wand. Ihre Regierungskunst
wird ein Mix aus Basta und Diplomatie sein müssen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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