Mindener Tageblatt: Kommentar zum Rücktritt des Bundespräsidenten / Köhlers Missverständnis
Geschrieben am 31-05-2010 |
Minden (ots) - Von Christoph Pepper
Gewiss: Zu Missverständnissen lädt ein, wer - zumal auf der
Rückreise von Afghanistan - in einem Satz die Worte Bundeswehr und
Handelswegsicherung verwendet. Folgerichtig wurden die in einem
Radiointerview gefallenen Äußerungen Horst Köhlers von manchen
missverstanden, die das partout wollten - beziehungsweise sich daraus
einen politischen Benefit an der Aufmerksamkeitsbörse erhofften. Der
war ihnen sicher, allerdings nicht besonders wert- und erst recht
nicht nachhaltig. Nicht nur waren die Wellen der künstlichen Empörung
eher Kräusel, auch war nach der fälligen Klarstellung der
vermeintliche Sturm nicht einmal einer im Wasserglas gewesen. So
weit, so Alltagsgeschäft im politischen Berlin. Was zum Teufel aber
hat dann den Bundespräsidenten geritten, dass er aus der wohlfeilen
Mäkelei an seiner Person eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung
seines Staatsamtes herauslas? Und, schlimmer noch, als Konsequenz wie
jede x-beliebige beleidigte Leberwurst die Klamotten hinwarf? Wo war
denn da bei ihm der Respekt vor dem höchsten Staatsamt? Müsste der
nicht ein wenig pointierte und zur Not auch überzogene Kritik am
Repräsentanten der verfassungsmäßigen Ordnung als
selbstverständlichen Teil der vom Wähler verliehenen Würde ertragen
können? Mit seinem zweifellos ehrenhaft gemeinten, de facto aber
völlig überzogenen Rücktritt erweist Horst Köhler dem Amt einen
Bärendienst. Zudem setzt er die Verfassungsordnung einer
unangemessenen Belastung aus. Seiner Person schließlich tut er damit
bestimmt keinen Gefallen. Ganz offensichtlich ist er, der
Seiteneinsteiger, trotz aller selbst demonstrierten Bereitschaft zu
einer Diskussionskultur der klaren Worte ein unpolitischer Mensch
geblieben. Sein Rücktritt jedenfalls ist nicht die Folge eines
Missverständnisses von ihm geäußerter Ansichten, er ist die Folge
eines Missverständnisses über sein Amt. Eines, dem er ganz
offensichtlich selbst aufgesessen ist.
Originaltext: Mindener Tageblatt
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Mindener Tageblatt
Christoph Pepper
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