Südwest Presse: Kommentar zu Köhler
Geschrieben am 31-05-2010 |
Ulm (ots) - Der verstörende Rücktritt des Bundespräsidenten
markiert den Schlusspunkt eines großen Missverständnisses. Angela
Merkel und Guido Westerwelle, die den Überraschungs-Kandidaten einst
im Wohnzimmer des FDP-Chefs aus dem Hut zauberten, haben vor sechs
Jahren geglaubt, Horst Köhler als ideellen Generalbevollmächtigten
der schwarz-gelben Koalition etablieren zu können, noch bevor Union
und Liberale ihre Traumhochzeit im vergangenen Herbst endlich feiern
konnten. Doch so wenig sich das höchste Staatsamt zur
parteipolitischen Instrumentalisierung eignet, so sehr widersetzte
sich der unbequeme Quereinsteiger der ihm zugedachten Rolle. Köhler
fühlte sich unabhängig von jenen, denen er seine Wahl zu verdanken
hatte. Das war ungeschickt, denn natürlich kann die politische Klasse
nicht zulassen, dass der Präsident seine Popularität darauf gründet,
sich bewusst abzusetzen von den Verhaltens- und Karrieremustern der
Politiker. Ansichten eines Unpolitischen darf niemand äußern, der
eine zentrale Position im politischen System der Bundesrepublik
bekleidet, selbst wenn sein beruflicher Aufstieg bis dahin abseits
der bekannten Parteipfade verlief. Nicht nur das schwierige
Verhältnis des Präsidenten zur Bundesregierung hatte die Aussicht auf
eine für alle erträgliche zweite Wahlperiode eingetrübt. Es fehlte
Köhler augenscheinlich auch an der Bereitschaft, sich auf die
komplizierten Anforderungen seines Amtes einzustellen, und an
Beratern, die ihm dabei hätten helfen können. Eine Weile konnte er
sich damit trösten, dass ihn das Volk offenkundig mochte. Doch die
anhaltende Kritik, die ihm aus Politik und Medien entgegenschlug, hat
ihn zermürbt und dünnhäutig gemacht. Dieser Abgang mit Aplomb
illustriert zweierlei. Erstens die tiefe Kluft, die zwischen der
politischen Klasse und dem Urteil der Bürger über ihren Präsidenten
herrscht. Das ist ein ebenso bedenkliches Signal wie das schwer
nachvollziehbare Verständnis Köhlers von seinem Amt und den Grenzen
des Zumutbaren. Zweitens verschärft der beispiellose Rücktritt die
Probleme der Koalition. Köhler wirft der Kanzlerin und ihrem Vize
sein Mandat ausgerechnet zu einem Zeitpunkt vor die Füße, da die
Zweifel daran wachsen, dass Merkel und Westerwelle die
Herausforderungen der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Griff
bekommen. Bei der Suche nach einem Nachfolger sollte das
Regierungslager unbedingt über den eigenen Tellerrand hinausblicken.
Originaltext: Südwest Presse
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Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
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