Börsen-Zeitung: Ohrfeige für den Lotto-Block, Kommentar von Björn Godenrath zur Entscheidung des Bundeskartellamts zur Liberalisierung des Lottovertriebs
Geschrieben am 28-08-2006 |
Frankfurt (ots) - Da hat Kartellamts-Chef Ulf Böge den Lottogesellschaften aber mal richtig auf die Finger geklopft. Der stationäre Vertrieb von Lotterieprodukten darf sich künftig nicht mehr auf die regionalen Annahmestellen des deutschen Lotto- und Totoblocks beschränken. Die private Konkurrenz kann die Scheine mit den Kreuzchen dem Urteil zufolge auch in Supermärkten entgegennehmen und bei den staatlichen Wettbehörden einreichen. Damit ist der endgültigen Liberalisierung des Lottomarktes der Weg geebnet, das staatliche Monopol in der Urteilsbegründung sogar komplett in Frage gestellt - auch wenn Böge das erstmal so nicht verstanden wissen will.
Der Sprengstoff des Urteils liegt gar nicht so sehr in dem konkreten Entscheid, sondern vielmehr in der Begründung. Auf mehreren Seiten führen die Wettbewerbshüter aus, dass es sich bei Lottogesellschaften nicht um Einrichtungen zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben handelt. Dabei grenzt Böge hoheitliches und privatwirtschaftliches Handeln nach den Maßstäben des Europa-Rechts ab und stellt fest, dass den privatrechtlichen Lottogesellschaften keine hoheitlichen Befugnisse für öffentliche Aufgaben übertragen worden sind. Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof werden zitiert und daraus gefolgert, die Lottogemeinschaft sei "kein Träger staatlicher Verwaltung" - was die Wettbewerbshüter unter Punkt 85 zu einer deutlichen Bemerkung veranlasst: "Auch wenn sich die Lottogesellschaften unter Berufung auf ein ordnungsrechtliches Selbsverständnis hoheitliche Befugnisse selbst zuschreiben, so existieren sie dennoch nicht."
All das lässt nur einen Schuss zu: Lottogesellschaften sind Unternehmen, die sich dem Wettbewerb zu stellen haben. Böge setzt hier mit der Hinzuziehung des EU-Rechts ein Signal - und er tut gut daran. Schließlich hat die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in Sachen Sportwetten eingeleitet.
Wenn aber den Lotteriegesellschaften keine Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zugebilligt wird, wie sollte dies für die staatliche Sportwette Oddset gelten? Die Monopolbewahrer wollen sich von nationalen Gerichten das "öffentliche Interesse" bestätigen lassen, ein Schlupfloch, das vom EU-Recht gewährt wird. Im Licht der Kartellamtsentscheidung ist anzuzweifeln, dass ein solches Interesse Grundlage in einem Glücksspielsektor sein kann, der von fiskalischen Interessen geleitet ist.
(Börsen-Zeitung, 29.8.2006)
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Rückfragen bitte an: Börsen-Zeitung Redaktion Telefon: 069--2732-0
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
27459
weitere Artikel:
- Westfalenpost: Scheinheilig Kartellamt will Lotto-Monopol aufheben Hagen (ots) - Von Rolf Hansmann Das Wehklagen der Bundesländer nach dem Kartellamts-Beschluss, das staatliche Lotto-Monopolstruktur zu lockern, war zu erwarten. Schließlich profitieren die Finanzminister kräftig von den Einnahmen aus dem Lotto-Topf. Allein NRW nahm im vergangenen Jahr 285 Millionen Euro aus dem Lottospiel ein. Dass Ländervertreter die Entscheidung mit dem Hinweis auf Suchtgefahren kritisieren, ist scheinheilig - nicht nur in Hinblick auf die offensive Werbung (Jackpot). Auch jedem Haushaltspolitiker ist bekannt, dass mehr...
- Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus Beschneidung des staatlichen Lotto-Monopols durch das Kartellamt: Neues Spiel Cottbus (ots) - Rauchen kann tödlich sein, steht dick und fett auf Zigaretten-Schachteln. Das hindert Finanzminister Peer Steinbrück jedoch nicht, ungeniert mit Tabaksteuer-Milliarden den Bundeshaushalt aufzupäppeln. Obendrein werden damit auch noch wohlfeile Programme der Gesundheitsministerin subventioniert. Lottospielen macht süchtig, sagen die Ministerpräsidenten und versuchen so, private Glücksspiel-Anbieter auszubremsen und das staatliche Lotto-Monopol zu verteidigen. Sie scheuen sich aber nicht, mit den verdienten Sucht-Milliarden mehr...
- AGA Medical reicht in Deutschland Klage wegen Patentverletzung ein Minneapolis (ots/PRNewswire) - AGA Medical Corporation ("AGA") gab heute bekannt, dass das Unternehmen in Deutschland Klage wegen Patentverletzung gegen die in Jena ansässige Occlutech GmbH sowie gegen die Kölner DRABO Medizintechnik eingereicht hat. AGA besitzt ein in Deutschland bestätigtes (DE 695 34 505), europäisches Patent (EP 0 808 138) für intravaskuläre Verschlussinstrumente sowie für das Gestaltungs- bzw. Herstellverfahren dieser medizinischen Instrumente. Das Patent wurde im Oktober 2005 erteilt. Mit der in Düsseldorf eingereichten mehr...
- Compound Solutions gibt CoQ10-Vereinbarung mit führendem Hersteller in China bekannt Escondido, Kalifornien (ots/PRNewswire) - Compound Solutions, ein Innovator für neue Produkte und Distributor für Nahrungsinhaltsstoffe, freut sich bekannt geben zu können, dass das Unternehmen eine Vereinbarung zur Repräsentation von Hangzhou Zhongmeihuadong Pharmaceutical (HZH) für den CoQ10-Vertrieb in Nordamerika und Europa eingegangen ist. HZH ist eines der renommiertesten Pharmazeutikunternehmen in China und gehört zum Konzern der Huadong Medicine Group. Die Vereinbarung wurde am 28. August 2006 durch Barry Titlow, CEO von Compound mehr...
- Case IH schärft Fokus auf Menschen Racine, Wisconsin (ots/PRNewswire) - - Verändertes Logo bekräftigt erneut die Konzentration auf Kunden, Händler und Mitarbeiter Man kann sich nur dann in der weltweiten Branche der Agrargeräte hervortun, wenn man antizipiert, was die Kunden benötigen. Um dies zu erreichen, setzt sich Case IH mit Mitarbeitern, Händlern, Kunden und Interessenten zusammen, hört ihnen zu und analysiert ihre Meinungen. "Dies ist schon lange eine Stärke unserer Organisation," erklärte Francois Jourdan, Vice President, Global Marketing and Brand Management, mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|