Medizinische Ernährung: Schwierige Situation für Ärzte, Pflegekräfte und Angehörige
Geschrieben am 17-06-2010 |
Leipzig (ots) - Medizinische Ernährung ist einerseits für
Schwerkranke oft die einzige Chance zum Überleben, andererseits kann
sie das Leiden von Sterbenden unnötig verlängern. Über diesen
ethischen Konflikt, nämlich wann künstliche Ernährung beginnen und
wann sie enden sollte, diskutierten heute (17. Juni) Mediziner,
Ethiker und Theologen beim Symposium "Am Anfang zu wenig - am Ende zu
viel?" während der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Ernährungsmedizin (DGEM) in Leipzig.
Die Ärzte waren sich dabei weitgehend einig, dass mit künstlicher
Ernährung oft zu spät begonnen und damit die Chance versäumt wird,
Genesung oder Lebensqualität der Patienten zu verbessern. "In der
Endphase einer Tumorerkrankung wird dann manchmal vergeblich
versucht, das Versäumte aufzuholen, obwohl die Ernährung
möglicherweise dann mehr Belastung als Nutzen für den Patienten
bedeutet", brachte es der DGEM-Präsident, Professor Dr. Arved
Weimann, Leipzig, auf den Punkt.
Der Geriater Professor Dr. Cornel Sieber, Nürnberg, wies darauf
hin, dass auch viele Hochbetagte unter Mangelernährung leiden. Sie
falle Ärzten, Angehörigen oder Pflegekräften vielfach erst dann auf,
wenn der Einsatz künstlicher Ernährung oft schon ethisch grenzwertig
sei.
Für die zögerliche Entscheidung für oder wider künstliche
Ernährung, die letztlich eine Entscheidung zwischen leben dürfen und
leben müssen bedeutet, zeigte der Mainzer Medizin-Ethiker Professor
Dr. Norbert W. Paul Verständnis. "Allgemeine Regeln können der
Situation oft nicht gerecht werden." Hier müsste jeder Einzelfall
abgewogen werden, betonte er auf der Veranstaltung, zu dem der
Diätverband, der die Hersteller von Trink- und Sondennahrung
vertritt, eingeladen hatte.
Dieser Position stimmte Christian Kolb zu. Der Pflegegutachter des
Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Bayern warb für eine
frühzeitige Entscheidung "unter Berücksichtigung ethischer
Prinzipien".
Prof. Dr. Ulrich Eibach, Ethikbeauftragter der Evangelischen
Kirche im Rheinland, betonte, künstliche Ernährung sei bei kranken
und pflegebedürftigen Menschen, "bei denen kein Sterbeprozess im
weiteren Sinne vorliegt, oft eine medizinisch und ethisch gebotene
lebenserhaltende und palliative Maßnahme, die keinesfalls in sich
'menschenunwürdig' ist oder nur ein angeblich 'menschenunwürdiges'
Leben erhält. Ein Vorenthalten von Ernährung würde in diesen Fällen
den Tod durch Verhungern oder auch Verdursten bewusst verursachen."
Ähnlich sieht dies auch Professor Dr. Armin Wildfeuer, der an der
Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen Philosophie lehrt. Er
bewertet künstliche Ernährung insbesondere bei Patienten "im
vegetativen Status", so bei Koma-Patienten, als "moralisch
verpflichtend".
Dass die späte Einleitung von Sondenernährung auch mit den Ängsten
der Ärzte vor Regressen und der Klinikverwaltungen vor hohen Kosten
zu tun haben könnte, das deutete der Medizinrechtler Dr. Rainer
Schütze aus Dortmund an. Für die Praxen der niedergelassenen Ärzte
gelten Arzneimittelbudgets, in die auch künstliche Nahrung fällt und
deren Überschreitung mit Regressen geahndet werde. In Kliniken
müssten alle Kosten innerhalb der DRG-Pauschalen abgedeckt werden.
Die Diskussion zeige - so die Moderatorin und Medizinjournalistin
Dr. Susanne Holst - wie vielschichtig das Spannungsfeld zwischen
Ethik und künstlicher Ernährung sowie das Dilemma ist, vor dem Ärzte,
Pflegekräfte und Angehörige immer wieder stehen. Es kann nach
Überzeugung des Diätverbands nur im gesellschaftlichen Diskurs gelöst
werden. Dazu sollte die Veranstaltung in Leipzig einen Beitrag
leisten, betonte der Geschäftsführer des Verbands, Norbert Pahne.
Originaltext: Diätverband e.V.
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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:
Bundesverband der Hersteller von Lebensmitteln
für eine besondere Ernährung e. V.
Godesberger Allee 142 -148
53175 Bonn
Tel. 0228-30851-0
www.diaetverband.de
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Alte Bergstraße 27
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