Börsen-Zeitung: Verblüffender Ifo-Index, Kommentar zur Konjunkturerholung von Reinhard Kuls
Geschrieben am 22-06-2010 |
Frankfurt (ots) - Deutschland beschließt ein riesiges
Sparprogramm, andere Länder, die zu den wichtigsten Absatzmärkten der
deutschen Exportwirtschaft gehören, auch - und die Stimmung in der
hiesigen Wirtschaft wird immer besser. Dieses etwas verblüffende
Resultat brachte die jüngste Umfrage des Ifo-Instituts unter 7000
Firmen aus Industrie, Bau, Groß- und Einzelhandel. Dazu kommen noch
2500 Dienstleistungsbetriebe, bei denen ebenfalls die
Geschäftsstimmung erhoben wurde - mit gleichem Ergebnis.
Die aktuellen Geschäfte der deutschen Unternehmen laufen immer
besser. Nach der schärfsten Rezession in Deutschland seit dem Zweiten
Weltkrieg hatte Mitte des vergangenen Jahres die Wende zum Besseren
eingesetzt. Seither geht es, von einem einzelnen Ausreißer im Februar
2010 abgesehen, Monat für Monat kontinuierlich aufwärts. Inzwischen
ist das am entsprechenden Ifo-Lageindex gemessene Niveau so hoch wie
seit August 2008 nicht mehr, also bevor die Lehman-Pleite die
Weltwirtschaft in den Rezessionsstrudel riss. Die deutsche
Volkswirtschaft war wegen ihrer starken Ausrichtung auf die Exporte
in besonderem Ausmaß von dem konjunkturellen Absturz in
Mitleidenschaft gezogen.
Dieser Einbruch ist also aufgearbeitet. Das zu Ende gehende
Quartal dürfte Deutschland ein sehr starkes Wirtschaftswachstum
gebracht haben. In den nun folgenden drei bis vier Monaten dürfte
zudem, das zeigt der Ifo-Subindex zu den Geschäftserwartungen, der
Aufschwung anhalten.
Dann jedoch wird die Luft etwas dünner, und das, noch ohne dass
die Schuldenkrise - ob nun die europäische oder doch eine
US-amerikanische - eskaliert oder es zu einem neuerlichen
Unsicherheitsschock à la Lehman kommt. Inzwischen haben nämlich die
vom Ifo-Institut befragten Unternehmen das zweite Mal in Folge ihren
Optimismus ein wenig verringert.
Zur Sorge gibt es noch keinen Anlass. So folgt die zweite
Korrektur dieses Subindex einem beständigen Anstieg von 16 Monaten.
Erst ein Rückgang auch im Juli würde eine Trendwende signalisieren.
Das Indexniveau ist noch immer hoch und alles andere als rezessiv.
Das Aufholtempo der vergangenen Monate war zu groß, um unter den
gesamtwirtschaftlichen Wachstumsbedingungen Deutschlands gehalten
werden zu können. Es steht eine Normalisierung auf einem flacheren,
aber tragfähigeren Wachstumspfad an.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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