Neue OZ: Kommentar zu USA / Russland / Spionage/ Justiz
Geschrieben am 29-06-2010 |
Osnabrück (ots) - Grenzenlose Macht
Die Nachricht über die Zerschlagung des Spionagenetzes erinnert an
Zeiten des Kalten Krieges. Damals teilten sich zwei Supermächte,
Sowjets und Amerikaner, die Welt.
Sollten die aktuellen Vorwürfe der US-Justiz zutreffen, werden
sich die Russen zwar rechtfertigen müssen. Gleichzeitig stellt sich
aber die Frage nach den Grenzen von Spionage: Warum wird die
Nachrichten-Beschaffung durch russische Agenten in amerikanischen
Kleinstädten skandalisiert - und beispielsweise das millionenfache
Ausspionieren europäischer Bankdaten durch die Amerikaner fast
ignoriert? Noch bis vergangenes Jahr konnten US-Terrorfahnder
ungehindert auf europäische Bankdaten zugreifen und ermitteln, wer
wem wann und wie viel überwiesen hat. Mittlerweile grenzt das
SWIFT-Abkommen diese Möglichkeit ein. Aber jeder Spionage-Chef der
Welt wäre glücklich, derart anderen Ländern in die Karten schauen zu
können.
Das Maß, in dem sich Amerikaner seit den Terroranschlägen 2001 das
Recht nehmen, auf sensible Daten anderer Länder zuzugreifen, ist im
Grunde nichts anderes als Spionage. Mit dem Argument der Terrorabwehr
nehmen sie sich ganz offen Informationen, die ihnen zu Zeiten des
Ost-West-Konfliktes bestenfalls Agenten beschaffen konnten. Auch
daran erkennt man die letzte Supermacht.
Originaltext: Neue Osnabrücker Zeitung
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