Was Unternehmen aus der BP-Krise lernen können / news aktuell im Gespräch mit dem Schweizer Experten für Krisenkommunikation Peter Metzinger
Geschrieben am 30-06-2010 |
Hamburg (ots) -
- Querverweis: Bildmaterial wird über obs versandt und ist
abrufbar unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -
Wer in diesen Tagen ein Paradebeispiel für misslungene
Krisenkommunikation sucht, dem fällt schnell BP ein. Der Energieriese
tut sich nicht nur bei der Bekämpfung der Ölpest im Golf von Mexiko
schwer. Auch bei der Krisenkommunikation macht der Konzern eine
unglückliche Figur. Welche Fehler BP von Beginn an gemacht hat und
was Unternehmen in einer solchen Situation tun sollten, wollte news
aktuell von dem Experten für Krisenkommunikation, Peter Metzinger,
wissen. Als Referent bei den media workshops der dpa-Tochter news
aktuell vermittelt er das Rüstzeug für internationales
Krisenmanagement. Das nächste Seminar zum Thema "International Crisis
Communication and Management" findet am 09. und 10. September in
Hamburg statt.
news aktuell: Lieber Herr Metzinger, der Fall BP beschäftigt
Medien und Menschen nun schon eine ganze Weile und die
Negativ-Schlagzeilen reißen nicht ab. Was ist aus Ihrer Sicht als
Krisenexperte da von Anfang an grundlegend schief gelaufen?
P.M.: Tony Hayward, der CEO von BP war nicht vorbereitet. Er hatte
weder eine klare Kommunikationsstrategie für diese Krise, noch das
geringste Gespür für diejenigen, die seine Botschaften
interpretierten. Ich sage bewusst "interpretierten", denn es geht in
der Kommunikation nie um die Wahrnehmung von Fakten. Menschen machen
sich ihre Meinungen und treffen Entscheidungen aufgrund der
Interpretation von Fakten und Botschaften. Es ist völlig
unverständlich, dass BP keinen Plan für einen solchen Unfall hatte.
Man hätte dies voraussehen und besser vorbereiten können. So entstand
dann neben der eigentlichen Story über die Katastrophe, eine weitere
Story über die Kommunikationskatastrophe, und aus dieser eine weitere
über die schlechte Vorbereitung. Die Sache geriet vollends außer
Kontrolle, als die amerikanische Politik die Themenführerschaft
übernahm. Der zweite Fehler ist deshalb, dass man es versäumt hat,
die Erwartungen der Öffentlichkeit und der anderen Stakeholder aktiv
zu managen. Man hat immer wieder zu viel versprochen, anstatt
verlässliche Informationen zu geben. Lieber kleine, erreichbare Ziele
kommunizieren, als welche, von denen man nicht weiß, ob man sie
wirklich schafft. Durch letzteres wurden Erwartungen geweckt, die
dann enttäuscht wurden, und BP geriet noch weiter in die Defensive.
news aktuell: Was sollte BP Ihrer Meinung nach jetzt tun? Kann man
in dieser Situation überhaupt noch etwas richtig machen? Wie geht man
jetzt mit so einem Imageschaden um?
P.M.: In einer solchen Situation kann man fast nur noch Schaden
begrenzen. Was man höchstens noch erreichen kann, ist eine
Kehrtwende, die den Beginn einer langfristigen Arbeit bedeutet, mit
dem Ziel, im Laufe der kommenden Jahre das Vertrauen Stück für Stück
wiederherzustellen. Dazu müsste der Konzern aber zuallererst einmal
lernen, zuzuhören und die Erwartungen, Meinungen und Interpretationen
seiner Stakeholder ernst zu nehmen. Genauso wichtig ist es,
konsequent bei der Wahrheit zu bleiben, egal wie schmerzlich das ist
oder welche Risiken sonst noch damit verbunden sind. Drittens sollte
BP, wie oben erwähnt, die Erwartungen aktiv und zielgerichtet
managen. Und zu guter Letzt reichen Worte alleine nicht aus, es
braucht ein freiwilliges und großzügiges Engagement bei den
Schadenersatzleistungen.
news aktuell: Wie kann man sich auf internationale Krisen
vorbereiten? Kann man das überhaupt?
P.M.: Es gibt beim Militär den Spruch "Kein Plan überlebt den
Kontakt mit dem Feind". Häufig wird diese "Erkenntnis" als Ausrede
dafür gebraucht, man könne sich sowieso nicht auf eine Krise
vorbereiten. Dabei wird aber unterschlagen, dass man beim Militär
trotzdem plant. Denn wer einen Plan hat, kann eine neue Situation
schneller analysieren und rascher die besseren Entscheidungen
treffen, schlicht und einfach, weil man sich schon gedanklich mit den
verschiedenen denkbaren Szenarien auseinandergesetzt hat. Zur
Vorbereitung gehört deshalb eine Szenarienplanung, eine klare
Festlegung, welchen Zielen die Krisenkommunikation dienen soll und,
daraus abgeleitet, eine SWOT-Analyse. Die dort identifizierten
Schwächen können dann im Alltagsmodus in aller Ruhe eliminiert
werden, so dass man bei Eintritt einer Krise allein schon
organisatorisch, infrastrukturell und im Hinblick auf Wissen besser
vorbereitet ist.
news aktuell: Wie sieht es mit Chancen und Risiken beim Einsatz
von Social Media in dieser Situation aus?
P.M.: Social Media bieten die Möglichkeit, ungefiltert in einen
direkten Dialog mit der interessierten Öffentlichkeit zu treten.
Meinungen wurden früher am Stammtisch gemacht und nicht durch die
Massenmedien, heute werden sie zu einem wesentlichen Teil in Social
Media gemacht. Nicht zu übersehen ist dabei die Tatsache, dass die
jüngeren Generationen fast nur noch über Social Media und andere
Online-Plattformen erreicht werden. Zwar gibt es durchaus auch
Risiken, nämlich zum Beispiel, dass sich eine negative Nachricht sehr
schnell weiterverbreitet und die Community die Kontrolle übernimmt.
Diese Risiken bestehen aber genauso, wenn man nicht in Social Media
aktiv wird. Wer diese Risiken dämpfen will, kommt nicht darum herum,
in Social Media aktiv zu werden und auch hier die Themenführerschaft
anzustreben.
news aktuell: Was können Unternehmen aus dem BP-Skandal lernen?
P.M.: Kurz gesagt, alles, was man nicht tun sollte. Positiv
formuliert: Sich wirklich vorbereiten, nur vorbereitete und erfahrene
Personen mit genügend Empathie für die Stakeholder an die
Kommunikationsfront, transparent und offensiv die Wahrheit
kommunizieren, Erwartungen aktiv managen. Zuerst zuhören, dann reden.
Manchmal ist es besser, einzusehen, dass man den Schaden nur noch
begrenzen kann. Jeder Versuch, die sprudelnden, kritischen Quellen zu
verstopfen, geht grausam schief und nach hinten los.
news aktuell: Herr Metzinger, vielen Dank fürs Gespräch. Wir
freuen uns auf ein spannendes Seminar in Hamburg.
Zum Referenten:
Peter Metzinger hat früher selbst für Krisen in Unternehmen gesorgt.
Als Campaigns-Director bei Greenpeace Switzerland hat der
Diplom-Physiker beispielsweise die Lizenzvergabe für zwei
Nuklear-Reaktoren verhindert. Durch die Kenntnis der NGO-Seite berät
er seit über 20 Jahren internationale Kunden erfolgreich bei der
Bewältigung von Krisen. Der Autor des Buches "Business Campaigning -
Strategien für turbulente Märkte, knappe Budgets und große
Wirkungen"gibt sein Wissen auch als Lehrbeauftragter an den
Hochschulen von Luzern, Winterthur, Zürich und Innsbruck weiter. Sein
neuester Coup ist das Web 2.0 Cockpit "Sereive", ein Dienst, der das
zeitgleiche Posten von Informationen auf multiplen Pinnwänden,
Accounts und Social-Networking-Seiten ermöglicht. Weitere
Informationen zum Referenten: http://www.petermetzinger.com
Weitere Informationen zum Seminar:
http://bit.ly/bFbVTL
Nächster Termin:
09. und 10. September in Hamburg
Über die media workshops:
Seit dem Jahr 2001 haben über 9.000 Kommunikationsfachleute und
Führungskräfte an den Seminaren von news aktuell in Deutschland und
in der Schweiz teilgenommen. Die media workshops bieten rund 60
Themen zu PR, IR, Marketing und persönlichem Erfolgsmanagement an.
Kleine Seminargruppen und hochkarätige Referenten sichern den
Lernerfolg und eine individuelle Betreuung der Teilnehmer. news
aktuell führt die Fortbildungen auch als maßgeschneiderte
Inhouse-Seminare durch.
Das gesamte Programm:
http://www.media-workshop.de/programm2010
Originaltext: news aktuell GmbH
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6344
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6344.rss2
Pressekontakt:
news aktuell GmbH
Birte Arnold
PR-Managerin
Tel: +49 (0)40 4113-32772
arnold@newsaktuell.de
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