Börsen-Zeitung: Augen zu und durch, Kommentar zur Veröffentlichung der Banken-Stresstests von Norbert Hellmann
Geschrieben am 08-07-2010 |
Frankfurt (ots) - Vergessen wir den 7. Juli, an dem Spanien das
Vertrauen in die Stärke des deutschen Fußballs so schwer erschüttert
hat. Freuen wir uns lieber auf den 23. Juli, an dem mit spanischer
Hilfe das Vertrauen in die Stärke des europäischen Bankensektors
hergestellt werden soll. Mit der Veröffentlichung der Stresstests von
über 90 Kreditinstituten zu diesem Datum soll der zuletzt vor allem
am spanischen Bankensektor aufgehängten Marktnervosität mit einem
europaweiten Rundumschlag begegnet werden.
Mit den Stresstests zeigt sich die Tücke einer politisch
verordneten Marktberuhigungsoffensive. Der jüngste EU-Gipfel wollte
eigentlich nur die Veröffentlichung in aller Ruhe durchgeführter
Tests bei 25 Großbanken erwirken, um sie später auf einen größeren
Kreis auszudehnen. Die Sache nahm rasch Eigendynamik an - mehr Banken
testen hieße doch mehr Vertrauen stiften, auch wenn die Zeit knapp
ist. Von der einmal geweckten Erwartungshaltung kommt man nicht mehr
herunter; jetzt heißt es Augen zu und durch.
So "freut" sich auch der Präsident der Europäischen Zentralbank,
Jean-Claude Trichet, auf die gute Gelegenheit, zur Vertrauensbildung
an den Finanzmärkten beizutragen. Hinter Trichets Optimismus dürfte
nicht zuletzt die Gewissheit stehen, dass es gelungen ist, unter
argem Zeitdruck die Kriterien der vom Committee of European Banking
Supervisors (CEBS) modellierten Stresstests so anzupassen, dass
praktisch alle Partizipanten heil durchkommen werden.
Ein echter "Härtetest" mit konjunkturellem Schreckensszenario und
einem dramatischen Zinsschock, der alle Anleihen in den Keller
schickt, führt zu dem Ergebnis, dass das Gros der Banken zu wenig
Kapital hat und an den Tropf staatlicher Rettungsfonds gehört. Damit
ist niemandem geholfen. Sanftere Stressszenarien, wie sie jetzt zum
Einsatz kommen, werden den Verdacht aufkeimen lassen, dass fleißig
frisiert wurde und die geforderte Transparenz vielleicht doch auf der
Strecke bleibt. Ist das nun gut oder schlecht? Man sollte sich an
dieser Stelle von jeglichen Illusionen befreien, dass es eine echte
Transparenz gibt, die sich ausgerechnet mit Stresstests herstellen
ließe. Deren Annahmen sind zwangsläufig Willkür und bedürfen der
umsichtigen Hand eines verantwortungsvollen Chef-Stylisten, nämlich
der mit der Wahrung der Systemstabilität betrauten EZB.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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