Ärzte-Umfrage: Nicht Sterbehilfe soll zum Normalfall werden, sondern der Zugang zu moderner Palliativmedizin / Pressemitteilung der Bundesärztekammer
Geschrieben am 17-07-2010 |
Berlin (ots) - Berlin, 17.07.2010 - "Wir Ärzte wollen den Kranken
zu ihrem Recht verhelfen. Wir wollen nicht, dass Kranke, entgegen
ihrem eigentlichen Willen, unter gesellschaftlichen Druck geraten,
Sterbehilfe meinen einfordern zu müssen. Wir Ärztinnen und Ärzte
wollen nicht, dass Sterbehilfe - auch nicht als Beihilfe zur
Selbsttötung - erst zur Norm und dann zur Normalität wird. Nicht
Sterbehilfe soll zum Normalfall werden, sondern der Zugang zu einer
modernen palliativmedizinischen Behandlung, die todkranken Menschen
ein möglichst schmerz- und beschwerdefreies Leben ermöglicht.
Ärztliche Aufgabe ist und bleibt es, Sterbenden beizustehen." So
kommentierte Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer (BÄK), eine von der BÄK in Auftrag gegebene
Befragung, bei der sich rund 80 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte
gegen eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe ausgesprochen haben.
Nach der Befragung des Allensbach-Instituts ist die große Mehrheit
der Ärzte (79 Prozent) davon überzeugt, dass ein Ausbau der
Palliativmedizin die Wünsche nach Sterbehilfe verringern würde. Fast
ebenso viele (73 Prozent) beklagen aber, die Kapazitäten für die
palliativmedizinische Versorgung seien ungenügend. "Dies ist sicher
einer der Gründe, warum mittlerweile jeder dritte Arzt im Laufe
seines Berufslebens um Hilfe beim Suizid gebeten wird", sagte Hoppe.
Hinzu komme ein schleichender Paradigmenwechsel in der Gesellschaft.
Sterben und Tod würden zunehmend tabuisiert. "Macht und Materialismus
werden glorifiziert. Wer diesem Zeitgeist nicht mehr folgen kann,
empfindet sich oft als Belastung. Wir Ärzte sind es dann, die den
Todeswunsch der Patienten erfüllen sollen."
Dies stelle Ärztinnen und Ärzte vor schwierige Entscheidungen.
Denn natürlich hätten sie Empathie mit ihren schwerstkranken
Patienten, so Hoppe. Nach der Studie sind 74 Prozent der Auffassung,
dass lebensverlängernde Maßnahmen eingestellt werden sollten, wenn
der Patient dies zuvor in einer Patientenverfügung ausdrücklich
erklärt hat. Für 37 Prozent kommt ein begleiteter Suizid unter
bestimmten Bedingungen in Frage. Aktive Sterbehilfe können sich 25
Prozent zumindest vorstellen. Als wichtigste Bedingungen für eine
Suizidbeihilfe wurden eine medizinisch eindeutige - also
hoffnungslose - Prognose, die gute Kenntnis des Patienten sowie ein
hoher Leidensdruck genannt. "Die Studie zeigt aber auch: Empathie mit
Patienten bedeutet nicht Akzeptanz für eine Legalisierung des
ärztlich assistierten Suizids sowie der aktiven Sterbehilfe", stellte
Hoppe klar.
Tatsächlich befürchtet die große Mehrheit der Ärzte (89 Prozent),
eine Legalisierung des ärztlich assistierten Suizids könne leicht
dazu führen, dass sich Menschen um Hilfe beim Sterben bemühen, weil
sie sich als Belastung für die Familie oder die Gesellschaft
empfinden. Für zwei Drittel aller Ärzte verstößt es gegen den
hippokratischen Eid, wenn Ärzte Patienten beim Suizid unterstützen.
"Die Studie belegt, dass wir mit unserer ablehnenden Haltung in
der Diskussion um eine mögliche Legalisierung der Sterbehilfe die
große Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte hinter uns haben. Die
Ergebnisse lassen aber auch vermuten, dass der schleichende
Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft unter Ärzten für
Verunsicherung sorgt. Dies werden wir bei unseren Beratungen zur
Neufassung der BÄK-Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung sowie
zur Überarbeitung der (Muster)- Berufsordnung mit berücksichtigen",
kündigte Hoppe an. Dabei müsse die Frage beantwortet werden, wie das
Standesrecht und das Strafrecht besser in Einklang gebracht werden
können.
Der BÄK-Präsident forderte zudem, dass Ärzte in Aus-, Fort- und
Weiterbildung auf den Umgang mit sterbewilligen Patienten vorbereitet
werden müssten. Die Ergebnisse ließen auch darauf schließen, dass
noch nicht alle Ärzte ausreichend über die Möglichkeiten der Schmerz-
und Symptombehandlung informiert seien. "Wir müssen schwerstkranken
und sterbenden Patienten qualifizierte Schmerztherapie und
bestmögliche Pflege bieten. Dazu brauchen wir bundesweit
palliativmedizinische Versorgungsstrukturen. Erst wenn dies erreicht
ist und die Menschen über diese Angebote informiert sind, dann wird
auch der Ruf nach aktiver Sterbehilfe verhallen", sagte Hoppe.
Die Ergebnisse der Befragung können auf der Internetseite der
Bundesärztekammer unter www.bundesaerztekammer.de/sterbehilfe
abgerufen werden.
Originaltext: Bundesärztekammer
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/9062
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_9062.rss2
Pressekontakt:
Pressestelle der deutschen Ärzteschaft
Herbert-Lewin-Platz 1
10623 Berlin
Tel.: 030 / 4004 56 700
Fax: 030 / 4004 56 707
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