ROG-Bericht zu Pressefreiheit im Kosovo: Regierung instrumentalisiert Medien / Kaum unabhängige Journalisten
Geschrieben am 21-07-2010 |
Berlin (ots) - In einem neuen Bericht zur Situation der Medien im
Kosovo zieht Reporter ohne Grenzen (ROG) eine ernüchternde Bilanz: In
den vergangenen Jahren wurden im Kosovo kaum Fortschritte bei der
Schaffung von Rahmenbedingungen zur Entstehung einer freien und
unabhängigen Presse erzielt. Die Mehrheit der Medien ist derzeit
weder redaktionell noch finanziell unabhängig. Kritische Journalisten
werden eingeschüchtert und unter Druck gesetzt.
Vor allem Politiker und Behördenvertreter versuchen,
regierungskritische und investigative Medienmitarbeiter mundtot zu
machen oder sie zur Selbstzensur zu bewegen. Eine gängige Methode
sind Hetzkampagnen: "Wer es wagt, Handlungen der Regierung zu
kritisieren oder Korruption offen zu legen, wird öffentlich
beschuldigt sich 'unpatriotisch zu verhalten', 'Verräter der Nation',
'serbischer Spion' oder einfach 'gegen das Kosovo' zu sein", heißt es
in dem 14-seitigen ROG-Bericht.
Die Anschuldigungen beschädigten nicht nur die Glaubwürdigkeit der
Journalisten in der Öffentlichkeit. Gleichzeitig würden
Medienschaffende dadurch zu einem potentiellen Ziel der Gewalt
militanter nationalistischer Kreise wie etwa UCK-Veteranen, warnt ROG
in dem Bericht.
Auch ein Anzeigenmarkt, der nach wie vor nicht liberalisiert ist,
lähmt die Entwicklung einer vielfältigen, unabhängigen
Presselandschaft in dem südosteuropäischen Land. Die Regierung,
Behörden und politische Parteien unterstützen mit ihren Werbeetats
gezielt ihnen nahe stehende Medien und nehmen darüber auch Einfluss
auf redaktionelle Inhalte. Gerade für die überregionalen Medien
stellen diese Werbeeinnahmen eine Haupteinnahmequelle dar. Eine Reihe
von Medien wird damit politisch instrumentalisiert.
Nur eine geringe Zahl von Medien versucht, äußeren Einflüssen
standzuhalten und ihre Autonomie zu bewahren. Nennenswert sind
insbesondere die beiden Zeitungen "Koha Ditore" und "Zieri".
Vertreter von "Koha Ditore" berichten von Schikanen wie regelmäßigen
Steuerprüfungen. Möglichen Beistand können die Medien auch von der
Justiz nicht erwarten.
Besonders stark ausgeprägt ist die Kontrolle der Regierung beim
Fernsehen - für immerhin 70 Prozent der Kosovaren immer noch die
wichtigste Nachrichtenquelle. Der bedeutendste Fernsehkanal ist ein
Programm der öffentlichen Sendeanstalt "Radio Televizioni i Kosovës"
(RTK). Die Exekutive übt erheblichen Einfluss bei der Besetzung
leitender Positionen bei RTK aus.
Private Kanäle, die mehr Freiheit in der Berichterstattung
zulassen wollen, scheitern häufig vor allem an finanziellen Problemen
oder bemühen sich wie "Rrokum TV" vergeblich um eine lokale
terrestrische Sendelizenz.
ROG schließt den Bericht mit einem Katalog mit zwölf Forderungen
und Empfehlungen, um in naher Zukunft konkrete Verbesserungen der
Lage der Pressefreiheit im Kosovo zu erreichen. So solle unter
anderem die internationale Staatengemeinschaft ihren Einfluss zur
Verbesserung der Lage der Medien geltend machen. Bei der
Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo (EULEX
Kosovo) zur Unterstützung beim Aufbau von Polizei, Justiz und
Verwaltung müssten die Rechte der Presse und die spezifische
Problemlage unabhängiger Journalisten stärker miteinbezogen werden,
fordert ROG.
Lesen Sie hier den 14-seitigen ROG-Kosovo-Bericht (Englisch):
http://bit.ly/ROG-Kosovo
Originaltext: Reporter ohne Grenzen e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/51548
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_51548.rss2
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Anja Viohl
Pressearbeit
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 202 15 10 - 16
F: +49 (0)30 202 15 10 - 29
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