PHOENIX-Preview: Zu Guttenberg: Realitäten in Afghanistan wurden weich gezeichnet/ Bundeswehr für die Zukunft nicht wettbewerbsfähig
Geschrieben am 27-07-2010 |
Bonn (ots) - HINWEIS AN DIE REDAKTIONEN: Die gesamte Sendung ist
für eingeloggte User ab sofort in der PHOENIX-Presselounge zu sehen.
Bonn/Berlin, 26. Juli 2010 - Bundesverteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich für einen realitätsnäheren Blick
auf den Afghanistan-Einsatz ausgesprochen. "Ich bemühe mich um ein
sehr ungeschminktes Bild von Afghanistan", sagte der CSU-Politiker in
der PHOENIX-Sendung KAMINGESPRÄCH (die gesamte Sendung ist am
Sonntag, 1. August, um 13.00 Uhr und um 22.30 Uhr zu sehen).
"Trotzdem haben wir alle in den letzten Jahren auch Fehler gemacht,
was die Beschreibung der Realitäten anbelangt. Wir haben die
Zielsetzungen zu hoch geschraubt und wahrscheinlich an der ein oder
anderen Stelle die Realitäten auch weichgezeichnet." Dort habe er
selbst auch Fehler gemacht. Wichtig sei nun, dass dies geändert
werde. Ob die soeben veröffentlichten 90.000 Seiten an
US-Militärdokumenten ein komplett anderes Bild zeichneten, werde man
sehen müssen, so zu Guttenberg weiter. "Die kann man nicht innerhalb
weniger Stunden lesen."
Die Lage in Afghanistan beurteilt zu Guttenberg als "weiterhin in
vielen Teilen außerordentlich schwierig und in gewissen Teilen auch
sehr gefährlich". Der Status in Kundus etwa habe sich nicht
verbessert. Ein dauerhaft, komplett stabilisiertes Afghanistan sieht
er als nicht realistisch an. "Zielsetzung muss nur sein: Kein
Negativeffekt für die internationale Gemeinschaft und für die gesamte
Region", so der Minister. Die Zielsetzung sei inzwischen sehr
runtergeschraubt worden.
Der Abzug aus Afghanistan sei ein Prozess, der im nächsten Jahr
beginnen soll, so zu Guttenberg. Man müsse mit dem Beginn des
schrittweisen Abzugs Möglichkeiten finden, einem möglichen
Gefährdungspotenzial, das über Afghanistan hinausreiche, zu begegnen.
Das seien zum Beispiel ein international abgestimmtes Vorgehen mit
Nachrichtendiensten und auch der Einsatz von Spezialkräften, bei
einer sauberen Rechtsgrundlage. Doch diese Rechtsgrundlagen fehlten
noch.
Zur Zukunft der Wehrpflicht sagte er: "Die Grunddebatte ist doch
die: Haben wir eine Bundeswehr, die den sicherheits- und
verteidigungspolitischen Herausforderungen der Gegenwart und der
Zukunft überhaupt noch gerecht werden kann? Das kann man leider nur
mit einem Nein beantworten. Wir sind im Grunde nicht wettbewerbsfähig
und nicht schutzfähig für unsere Bevölkerung." Zu Guttenberg nannte
veraltetes Material, Strukturen, die noch "den Geist des Kalten
Krieges atmen" und eine dramatische Unterfinanzierung. Von einer
Viertelmillion Soldaten könnten nur 7000 bis 8000 in den Einsatz
geschickt werden. Er freue sich, dass es endlich eine offene Debatte
über die Zukunft der Bundeswehr gebe. Es dürfe dabei keine
Denkverbote geben, es müsse alles sauber auf den Prüfstand. Zurzeit
werde eine ganze Palette an Möglichkeiten geprüft. Zu Guttenberg
schließt aus, die Wehrpflicht generell aus dem Grundgesetz zu
streichen. Diese Option aus der Hand zu geben, sei unverantwortlich.
Global stellt der Bundesverteidigungsminister zurzeit einen Trend
fest, der "statt auf Qualität lediglich auf Quantität setzt". Zu den
sicherheitspolitischen Interessen in der Zukunft gehört für zu
Guttenberg neben Terrorismusbekämpfung und Geiselbefreiung zum
Beispiel auch der Schutz von Handelswegen, von dem der ehemalige
Bundespräsident Horst Köhler gesprochen hatte. "Piraterie ist keine
Romantik des 17. Jahrhunderts." In der Grundaussage zu regionaler
Sicherheit und wirtschaftspolitischen Interessen habe Köhler Recht
gehabt, so zu Guttenberg, wenn auch nicht in der Verbindung zu
Afghanistan.
Originaltext: PHOENIX
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Pressekontakt:
PHOENIX
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