Westdeutsche Zeitung: Duisburg = von Wolfgang Radau
Geschrieben am 27-07-2010 |
Düsseldorf (ots) - Den Opfern von Duisburg - Toten, Verletzten,
Traumatisierten, Angehörigen - wird die Ansage nichts mehr nützen.
Aber der Vorstoß von Ministerpräsidentin Kraft, Großveranstaltungen
künftig in den Innenministerien prüfen und genehmigen zu lassen, ist
eine Investition in die Zukunft. Denn soviel ist schon heute klar:
Zumindest in Duisburg hat im Genehmigungsverfahren der Loveparade ein
Korrektiv gefehlt, das mit dem nötigen Abstand zu allen lokalen
Eitelkeiten ein Machtwort hätte sprechen müssen: Nein, so geht das
nicht! An Mahnungen hat es nicht gefehlt. Die Bahn hatte Bedenken
wegen der Nähe zu den Gleisen geäußert - um den Zugverkehr zu
sichern, wurden Zäune errichtet, die das Gelände dann in einen Käfig
verwandelten. Polizei und Feuerwehr hatten in Planungsrunden Zweifel
an der Sicherheit angemeldet - der Vorsitzende der
Polizeigewerkschaft schildert, er sei daraufhin als Spaßverderber und
Sicherheitsfanatiker beschimpft worden. Der Staatsanwalt muss
letztlich ermitteln, was in der Duisburger Verwaltung im Vorfeld der
Loveparade vor sich gegangen ist. Einem Schriftstück, das der
Ermittlungsbehörde vorliegt, soll der Leiter des Baudezernats den
handschriftlichen Kommentar hinzugefügt haben, er lehne Zuständigkeit
und Verantwortung ab, weil das Genehmigungsverfahren "in keinerlei
Hinsicht einem ordentlichen Verwaltungsverfahren entspricht". Man
kann über deutsche Bürokratie so und so denken - Prinzip muss sein,
dass jeder Amtsbereich der Kontrolle einer übergeordneten Autorität
unterliegt. Und an dieser Stelle zeigt sich ein Webfehler der
Kommunalreform von 1999, die in NRW den bislang ehrenamtlichen
Bürgermeister zum hauptamtlichen Chef der Verwaltung gemacht hat. Im
Rathaus ist jeder Beamte und Angestellte für seine Aufgaben
ausgebildet und geprüft - nur der oberste Dienstherr darf ein
Seiteneinsteiger aus der kommunalpolitischen Laufbahn sein. In den
Akten zum Drama von Duisburg wird ein Protokoll zu finden sein,
demzufolge Sicherheitsbedenken mit dem Hinweis abgetan wurden, "dass
der Oberbürgermeister die Veranstaltung wünscht und hierfür eine
Lösung gefunden werden muss". So etwas darf in Nordrhein-Westfalen
nie wieder möglich sein.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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