Westdeutsche Zeitung: Arbeit muss ihren Mann ernähren = Von Lothar Leuschen
Geschrieben am 28-07-2010 |
Düsseldorf (ots) - Zwischen "Allheilmittel" und "Sklaventreiberei"
gibt es kaum eine Bezeichnung, die noch nicht auf Zeitarbeit
angewendet worden wäre. Nun, da diese Form des
Beschäftigungsverhältnisses weiter wächst, gehen Befürworter und vor
allem Gegner wieder in Stellung. Von Ausbeutung ist die Rede und vom
Anspruch, dass gleiche Arbeit auch gleichen Lohn nach sich ziehen
soll. Umso mehr lohnt sich ein ideologiefreier Blick auf die
Zeitarbeit. Wie fast alles hat auch diese Vereinbarung zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer respektive dessen Überlasser Vor- und
Nachteile. Für Unternehmen mit großem Innovationsdruck und einem
hohen Anteil an Produktionsarbeitsplätzen ist die Zeitarbeit ein
Segen. Die Beschäftigten sind da, wenn sie gebraucht werden. Und wenn
sie nicht notwendig sind, weil ein Produkt den erwarteten Erfolg
womöglich nicht erreicht, dann belasten sie die Lohnlisten auch
nicht. Das ist für den Zeitarbeiter sicher unangenehm, führt aber
dazu, dass Unternehmen Krisenzeiten besser überstehen und
Stammarbeitsplätze erhalten können. Das ist sinnvoll. Dass die
gemieteten Kräfte auch noch billiger sind als die festen, erfordert
gesonderte Betrachtung. Zunächst einmal ist festzustellen, dass auch
Leiharbeiter von ihrem Beschäftigungsstatus profitieren können. Die
Statistiken zeigen, dass immerhin 15 bis 40 Prozent der Zeitarbeiter
früher oder später in feste Beschäftigungsverhältnisse wechseln. Und
die Zahlen zeigen, dass auch Langzeitarbeitslose und gering
Qualifizierte über Leiharbeit die Chance haben, ins Berufsleben
zurückzukehren oder einzusteigen. Das ist gut. Bleibt die Frage nach
der Bezahlung. Da die Diskussion um den flächendeckenden Mindestlohn
in Deutschland traditionsgemäß viel zu hartleibig geführt wird,
empfiehlt sich die Lösungssuche nach dem Merkel-Prinzip: vom Ergebnis
her denken. Mit anderen Worten, Arbeit in Deutschland muss ihren Mann
ernähren und ihm die Möglichkeit geben, am Konsum teilzunehmen. Sonst
nutzt sein Lohn zwar dem Unternehmen, nicht aber der Binnenwirtschaft
und damit nicht dem Arbeitsmarkt. Ob dieses Ziel nun über einen
Mindestlohn erreicht wird oder über innerbetriebliche Vereinbarungen,
ist egal. Hauptsache, das Ergebnis stimmt.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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