WAZ: Neue Gerechtigkeits-Debatte: Wenn Milliardäre spenden - Leitartikel von Ulrich Reitz
Geschrieben am 10-08-2010 |
Essen (ots) - Amerikanische Milliardäre spenden also die Hälfte
ihres Vermögens. Wie moralisch ist das denn nun? Sie müssten es ja
nicht, sagen die Applaudierer. Das stimmt zwar, aber was würde
geschehen, wenn diese Spenden ausblieben? Genauer: Was würde mit den
Milliardären geschehen? Zweifellos würde noch heftiger als ohnehin
über Arm und Reich diskutiert. Und noch kritischer über die
Angemessenheit von Bonuszahlungen. Aber mehr als das: Mit
bedrohlicher Wucht würde die System- und Gerechtigkeitsfrage
gestellt. Ist ein Steuersystem fair, dass Arbeit drastisch höher
schätzt und daher auch besteuert als Kapital? Ist das überhaupt
vereinbar mit den amerikanischen Tugenden, vor allem der Haupttugend,
wonach jeder seines Glückes Schmied ist und deshalb auch die Chance
haben muss, wenn er denn mag, durch Reichtum glücklich zu werden?
(Sicher halten viele Menschen allein das Ansinnen für illusionär,
aber diese Skeptiker dürften eher in Europa wohnen als in den USA).
Kurzum: Spendende Milliardäre lassen die Ungerechtigkeiten, die zu
ihrem Reichtum geführt haben, in milderem Licht erscheinen. Wenn man
es sehr technisch sagen will: Solcherart Spenden erzeugen so etwas
wie einen geldwerten Vorteil. Uneigennützig sind sie jedenfalls
nicht. Sind sie demokratisch? Die FAZ zitiert eine US-Denkfabrik so:
"Warum sollten die Reichen und Berühmten entscheiden, welche Schulen
reformiert oder welche Arzneimittel zu erschwinglichen Preisen
verteilt oder welche Bürgerbewegungen finanziell unterstützt werden
sollten?" Hiergegen lässt sich zweierlei einwenden. Erstens
entscheiden Milliardäre nicht allein sondern Stiftungen, viele auf
möglichst wissenschaftlichem Niveau, und zweitens ist es nicht
ausgemacht, dass der Staat in jedem Fall der bessere Stifter von
Gerechtigkeit ist. Diese Spenden haben aber einen offensichtlichen,
sehr republikanischen, neo-kapitalistischen Makel: Sie ergänzen nicht
Steuern, sie ersetzen sie. Der amerikanische Rechnungshof hat
ermittelt, dass zwei Drittel aller Unternehmen zwischen 1998 und 2005
(in den Bush-Jahren) überhaupt keine Steuern an den US-Fiskus
überwiesen. Spenden als Ersatzhandlung fürs Steuerzahlen aber ist
kaum applauswürdig. Wobei nicht die Spender für diesen Skandal
verantwortlich sind, sondern der Gesetzgeber. Man hat aber auch nur
wenige der Mega-Reichen gegen solche Regelungen protestieren gehört.
Als Nutzanwendung taugt vielleicht folgende Formel: Nichts gegen die
Beglückung der Menschheit. Aber bitte nach Steuern.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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