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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Bauzinsen

Geschrieben am 12-08-2010

Bielefeld (ots) - Häuslebauer wissen: Baufinanzierung ist immer
ein wenig wie Roulette spielen. Soll man die Hypothek jetzt
abschließen, doch lieber auf fallende Zinsen setzen, oder werden in
zwei, drei Monaten schon wieder ein paar Zehntelprozentpunkte mehr
aufgerufen? Doch plötzlich ist alles anders: Baugeld gibt es so
billig wie nie zuvor, die Zinsen können kaum noch weiter sinken.
Internetbanken bieten Darlehen mit fünfjähriger Laufzeit mittlerweile
zu 2,5 Prozent oder weniger an - das klingt wie Sommerschlussverkauf.
Während Häuslebauer und Hypothekenumschulder jubeln, fragt sich Otto
Normalverbraucher: Ist das noch normal? Nein, das ist es nicht. Die
Schleuderpreis-Hypotheken sind eine Folge der Wirtschafts- und
Finanzkrise, die vor allem in den USA noch immer nicht überwunden
ist. Anders als in Deutschland, wo sich ein stabiles Wachstum
abzeichnet, verlangsamt sich dort die Konjunkturerholung. Die
US-Notenbank pumpt verzweifelt Milliarden um Milliarden in den Markt,
doch der Aufschwung bleibt aus. Experten erwarten eine Erhöhung der
Leitzinsen in den USA frühestens für das kommenden Jahr. Die
Geldpolitik in den USA mit Zinsen nahe dem Nullpunkt legt auch der
Europäischen Zentralbank Fesseln an. Gerade einmal ein Prozent Zinsen
verlangt sie für Kredite an Banken, die das Geld entsprechend billig
an ihre Kunden weitergeben können. Zu wenig, um der Inflationsgefahr
im Euroraum vorzubeugen, meinen Experten. Doch eine einseitige
Zinserhöhung würde den Eurokurs steigen lassen und damit den Export
abwürgen. Also bleibt es auch in Europa beim billigen Geld, das nach
Anlagemöglichkeiten sucht. Protzige Renditen lassen sich mit
Hypotheken nicht erwirtschaften. Doch dafür ist das Geschäft für die
Banken hierzulande nahezu ohne Risiko. Denn anders als in den USA, wo
die berüchtigten Subprime-Kredite zu fragwürdigen Konditionen an
nicht ausreichend zahlungskräftige Privatkunden verschleudert wurden,
ist der deutsche Immobilienbesitzer so etwas wie der Mercedes unter
den Abzahlern. Riskante 100-Prozent-Finanzierungen sind die Ausnahme,
Häuser und Wohnungen gelten als wertstabil. Doch genau hier liegt das
Risiko der Billigzinsen. Hypotheken rechnen sich plötzlich auch für
Geringverdiener, die von den eigenen vier Wänden bislang nur träumen
konnten. Banken wie Verbraucher tun gut daran, den Taschenrechner
nicht vorschnell aus der Hand zu legen. Kann ich die Hypothek auch
dann noch abstottern, wenn in fünf oder zehn Jahren wieder vier, fünf
oder gar acht Prozent Zinsen verlangt werden, wie es ja über
Jahrzehnte hinweg normal war? Wer diese Frage nicht ehrlich mit Ja
beantworten kann, sollte der Verlockung des billigen Geldes besser
nicht erliegen. Für alle anderen gilt: Weihnachten ist in diesem Jahr
schon im Hochsommer. Das Zinsgeschenk muss nur noch abgeholt werden.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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