Neue OZ: Kommentar zu Verkehr /Bahn / Stuttgart / Demonstrationen
Geschrieben am 20-08-2010 |
Osnabrück (ots) - Entfremdet
Das Verhältnis zwischen den Stuttgartern und ihren Politikern
erinnert derzeit an das Frankreich des 18. Jahrhunderts: Damals hatte
Königin Marie Antoinette während einer Hungersnot ihres Volkes mal
voller Unverständnis gesagt: "Wenn sie kein Brot haben, warum essen
sie dann keinen Kuchen?" Der Protest der Stuttgarter trägt fast die
gleichen Züge der Entfremdung von Herrschenden und Volk. Zehntausende
formieren sich seit Monaten gegen den Bau des unterirdischen
Bahnhofs. Die meisten Politiker im Stuttgarter Rathaus und in der
Staatskanzlei scheinen den Aufstand ihrer Wähler aber einfach zu
ignorieren.
Aus dem Steuersäckel sollen Milliarden fließen, um eine
Zeitersparnis von 26 Minuten auf dem Weg nach Ulm zu ermöglichen. Das
versteht niemand - schon gar nicht ein sparsamer Schwabe. Selbst die
Befürworter werden immer kleinlauter: Von den
Entwicklungsmöglichkeiten angesichts Tausender neuer Wohnungen auf
dem ehemaligen Bahngelände sprechen derzeit nicht mal mehr die
Initiatoren. Die demokratische Legitimation hat dieses Projekt längst
verloren. Stuttgart 21 wird zunehmend zum Synonym für Bürgerprotest -
Gorleben lässt grüßen. Die Geschichte sollte die Mächtigen in
Stuttgart mahnen: Marie Antoinette landete während der Revolution auf
dem Schafott.
Originaltext: Neue Osnabrücker Zeitung
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